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Wahlprogramm für ein enkeltaugliches Europa

Wir sind überzeugte Europäerinnen und Europäer

In Europa mit seiner langen gemeinsamen Geschichte, in der es viele Kriege gegeneinander gab, wurde mit der Europäischen Union eine Keimzelle friedlichen Miteinanders geschaffen. Die Werte der EU, Achtung der Menschenwürde, Freiheit, Demokratie, Gleichheit, Rechtsstaatlichkeit und die Wahrung der Menschenrechte einschließlich der Rechte der Personen, die Minderheiten angehören […] sind allen Mitgliedsstaaten in einer Gesellschaft gemeinsam, die sich durch Pluralismus, Nichtdiskriminierung, Toleranz, Gerechtigkeit, Solidarität und die Gleichheit von Frauen und Männern auszeichnet (Art. 2 des Vertrags über die Europäische Union). Sie sind für die Ökologisch-Demokratische Partei (ÖDP) der Antrieb, sich für die EU und ganz Europa einzusetzen. Das Ziel der EU, den Frieden, ihre Werte und das Wohlergehen ihrer Völker zu fördern (Art. 3 Vertrag über die Europäische Union), ist auch das Ziel der ÖDP. Deshalb setzt sich die ÖDP im Europaparlament für die im Folgenden beschriebenen Ziele ein. 

1.    Demokratie stärken und ausbauen 

Die ÖDP steht für eine demokratisch gestaltete und der kulturellen Vielfalt verpflichtete Europäische Union (EU) als Grundlage für Frieden, Freiheit, Demokratie und Achtung der Menschenrechte in Europa. Bürgerferne und mangelnde Mitbestimmungsmöglichkeiten erschweren jedoch die Identifikation vieler Bürgerinnen und Bürger mit der Europäischen Union und gefährden diese Grundlagen. Eine Ursache sind erhebliche Mängel in den aktuell gültigen EU-Verträgen. Durch sie werden wesentliche Teile der Demokratie und soziale Errungenschaften aufgegeben. Vor allem aber leiden die europäischen Institutionen (Europäischer Rat, EU-Parlament, Kommission, Ministerrat u. a. m.) unter einem Mangel an demokratischer Legitimation und Transparenz. 
Gerade weil wir von der europäischen Idee überzeugt sind, halten wir eine tief greifende Reform der Europäischen Union für dringend erforderlich. Nur so kann sie stabilisiert und fortentwickelt werden. Unser Ziel ist eine Europäische Union, welche die kulturellen und sprachlichen Eigenarten sowie die wirtschaftlichen und sozialen Strukturen der einzelnen Völker und Regionen respektiert und fördert. Wir unterstützen die Entwicklung von einer bloßen Wirtschaftsgemeinschaft hin zu einem Staatenverbund freier, sich vorrangig selbst regierender Staaten und Regionen  unter Beachtung der gemeinsamen europäischen Werte. 
Die Achtung der Menschenrechte, der Prinzipien eines freiheitlich-demokratischen Rechtsstaates und einer ökologisch-sozialen Marktwirtschaft müssen die entscheidenden Kriterien sowohl für die Reform und die innere Entwicklung der EU als auch für weitere EU-Beitritte sein. 
Die ÖDP fordert daher auf EU-Ebene: 

  • Abschaffung des Einstimmigkeitsprinzips im Rat und Einführung von Mehrheitsentscheidungen in allen EU-Institutionen (Mehrheit der Nationalstaaten und der Bevölkerung). 
  • Einführung verbindlicher europaweiter Volksbegehren und Volksentscheide. 
  • Ein einheitliches Wahlrecht für das Europäische Parlament – ohne Sperrklauseln. 
  • Für das Europäische Parlament die grundlegenden Rechte eines demokratisch gewählten Parlaments: 
  • Das Recht, Gesetze selbst zu formulieren, statt nur über die Vorlagen der EU-Kommission abzustimmen (Initiativrecht). 
  • Das Recht, über die Einnahmen und Ausgaben der EU für die ihr zugewiesenen Zuständigkeiten mitzubestimmen. 
  • Das Recht, Kommissare vorzuschlagen und zu entlassen. 
  • Das Recht, sich für einen einzigen Sitz zu entscheiden, um das Pendeln zwischen Straßburg und Brüssel und die Verschwendung von Steuergeldern zu beenden.
  • Kontrolle der Europäischen Kommission durch das Europäische Parlament.
  • Beschränkung der Zuständigkeit der EU: Was auf der Ebene der Kommunen, der Regionen oder der Mitgliedsstaaten sinnvoll geregelt werden kann, soll nicht an die EU übertragen werden (Subsidiaritätsprinzip).
  • Durch Europarecht darf bestehendes nationales Recht (soziale, ökologische und demokratische Standards) in einzelnen Mitgliedsstaaten nicht verschlechtert werden (Verschlechterungsverbot).
  • Transparenz durch ein umfassendes europäisches Recht auf Informationsfreiheit auf allen politischen Ebenen. 
  • Leicht auffindbare, verständliche und barrierefreie Bereitstellung aller Dokumente der EU, die nicht zwingend der Geheimhaltung unterliegen müssen, in allen offiziellen EU-Sprachen im Internet.

2.    Für solide Staatshaushalte und eine faire Finanzmarktordnung 

Die Erhaltung der natürlichen Lebensgrundlagen ist die Basis allen künftigen Wohlstands. Soziale Gerechtigkeit ist die Voraussetzung für gesellschaftlichen Frieden. Ein guter Ordnungsrahmen der Marktwirtschaft ermöglicht die wirtschaftliche und kulturelle Entfaltung der Menschen. Wir setzen uns für eine ökologischsoziale Marktwirtschaft ein, die ihren Namen verdient. 
Die gegenwärtig auf Raubbau an der Natur ausgerichtete Wirtschaftsweise nimmt die Zerstörung unserer Lebensgrundlagen in Kauf. Sie entkoppelt die wirtschaftlichen Aktivitäten von ihrem eigentlichen Zweck: dem Leben und dem Gemeinwohl zu dienen, also ein gutes Leben für alle zu schaffen. 
Der globale Kampf gegen die Erderwärmung erfordert, die Macht der fossilen Energiekonzerne zu beschränken. 
Die Fehlsteuerungen durch abgekoppelte Finanzmärkte und der Lobbyismus in der EU fördern die Privatisierung von Daseinsvorsorge, Infrastruktur und Leistungen des öffentlichen Dienstes. Sie führen zu immer weiterer undemokratischer Machtübertragung auf die EU. Diese Entwicklung lehnen wir ab. 
Der Aufkauf von Staatsschulden durch die EZB hat eine Höhe von über drei Billionen Euro erreicht. Die Geldmenge wurde stark ausgeweitet. In der EU muss eine zukunftsfähige Finanzordnung aufgebaut werden. Ebenso muss sich die EU-Finanzpolitik der Inflation entgegenstellen. 
Die ÖDP fordert daher auf EU-Ebene: 

  • Geschäfts- und Investmentbanken sind zu trennen. Leerverkäufe sind zu verbieten. Verbot von Spekulationsgeschäften für kreditgebende Geschäftsbanken. 
  • Bankenrettung auf Staatskosten darf es nicht mehr geben. 
  • Das EZB-Programm zum Ankauf von Staatsanleihen ist zu beenden. 
  • Die EU verschuldet sich jetzt weiter über EU-Anleihen , besitzt aber keine eigenen Steuereinnahmen. Die ÖDP fordert deshalb die Erhebung von EU-Steuern zur Finanzierung dieser EU-Fonds. Nur Staaten, die EU-Steuern dafür erheben, sollen Anspruch auf Auszahlung dieser Finanzmittel haben. 
  • Die Einstimmigkeitsregel in Steuerfragen im Rat der EU blockiert Fortschritte beim Kampf gegen Steuervermeidung. Sie sollte abgeschafft werden, um die EU handlungsfähiger zu machen. 
  • Eine einheitliche Währung bedarf einer einheitlichen Finanzpolitik im Euro-Raum. Diese bedarf einer demokratischen Kontrolle durch ein demokratisch legitimiertes Gremium aus EU-Abgeordneten des Euro-Raums. Hierzu bilden diese EU-Abgeordneten ein Euro-Parlament. Dieses wählt aus seiner Mitte je einen Beauftragten für Finanzen, Wirtschaft, Umwelt und Soziales. Diese vier bilden einen Senat, der bei allen Fragen, die den Euro-Raum betreffen, ein Vorschlags- und Vetorecht besitzt. Kommt der Ministerrat bei Fragen, die ausschließlich den Euro-Raum betreffen, zu keiner Einigung, so wird dieser auf Vorschlag des Senats durch eine 2/3-Mehrheitsentscheidung des Euro-Parlaments ersetzt. So sollen Blockaden durch Mitgliedsstaaten, die nicht dem Euro-Raum angehören, durch ein geregeltes Verfahren auflösbar sein. 
  • EU-weite Mindeststeuersätze für Unternehmensgewinne und Privateinkommen sind konsequent umzusetzen. Die progressive Einkommenssteuer muss in der EU erhalten bleiben. Sie ist die finanzielle Grundlage der Finanzierung des Sozialstaates. 
  • Innereuropäische Steueroasen sind umgehend und konsequent auszutrocknen. Gewinne sind grundsätzlich in den Ländern zu versteuern, in denen sie erwirtschaftet werden. Alle Unternehmen in der EU sind zu einer angemessenen Steuerzahlung heranzuziehen. 
  • Korrupte Unternehmen sind von öffentlichen Aufträgen auszuschließen. 
  • Es ist eine EU-Finanztransaktionssteuer einzuführen, um die Verursacher von Finanzkrisen an den entstandenen Kosten zu beteiligen. 
  • Die CO2-Grenzausgleichssteuer (CBAM) dient dem fairen Wettbewerb zwischen Unternehmen innerhalb und außerhalb der EU: Importierte Produkte werden bezüglich CO2-Bepreisung gleichgestellt mit der Produktion in der EU. Der Anwendungsbereich von CBAM ist zu erweitern, so z. B. auch auf importiertes Fleisch. Darüber hinaus ist dieser Grenzausgleich weiter auszubauen sowohl in der Bemessungsgrundlage (vollständige CO2-Erfassung bzw. mit CO2-Emissionen hergestellte Produkte) als auch im Steuersatz. Dieser Steuersatz muss kontinuierlich so weit erhöht werden, dass die CO2 Bepreisung innerhalb der EU auf ein notwendiges Maß angepasst werden kann, um die EU-Klimaschutzziele zu erreichen. Die CO2-Grenzausgleichssteuer ist auch als Muster für weitere Rohstoff- und Emissionsbepreisungen (Umweltsteuern) zu verwenden. Das Steueraufkommen aus CBAM soll den importierenden Mitgliedsländern zugebilligt werden. Die Mitgliedsländer entscheiden selbst, wie weit im Gegenzug andere Abgaben reduziert werden (z. B. Lohnnebenkosten bzw. Faktor Arbeit) und wie viel an die Bürgerinnen und Bürger zurückgegeben wird (Ökobonus).

3.    Wohlstand ohne Wachstumszwang – globale Verantwortung 

Die ökologisch-soziale Marktwirtschaft setzt klare Prioritäten: Wir alle leben in dieser Welt und von dieser Welt, sind Teil des Ganzen dieser Welt mit ihrer Natur und ihrem Klima. Deswegen muss die oberste Priorität auch bei der Ökologie – dem Natur- und Umweltschutz und der Rettung des Klimas – liegen. 
Wir müssen den Raubbau an unseren Lebensgrundlagen stoppen. In einer ökologisch-sozialen Marktwirtschaft müssen in die Preisbildung für Produkte auch die Kosten für Schäden durch Umweltzerstörung und zunehmende Klimaextreme einfließen. Dann wird Umweltzerstörung unwirtschaftlich. Nur Kostenwahrheit in diesem Bereich schafft faire Wettbewerbsbedingungen für verantwortlich wirtschaftende Unternehmen. Sparsamer Umgang mit Ressourcen, Reparatur und Recycling müssen sich wieder lohnen. Dazu sollte die Arbeit schrittweise von Kosten entlastet und im Gegenzug der Energie- und Rohstoffverbrauch verteuert werden. Ziel ist eine weitgehende Kreislaufwirtschaft, die allein mit dem auskommt, was Erde und Sonne an Ressourcen pro Jahr bereitstellen. 
Wir brauchen mehr Regionalisierung statt Ausweitung des Welthandels, um die Transportkosten und Umweltbelastungen zu verringern und die Stabilität in Krisen zu stärken. Nicht Abschottung ist dabei das Ziel, sondern ein Handel, der sich am sozialen und ökologischen Nutzen orientiert. Eine regionale Versorgung mit Lebensmitteln und Wirtschaftsgütern führt zu nachhaltigem Wirtschaften, kurzen Wegen, geringem Verkehrsaufkommen und gleichzeitig wohnortnahen Arbeitsplätzen. 
Die Kluft zwischen Armen und Reichen zeigt die sozialen Gegensätze in unserer Gesellschaft. Die Proteste gegen die Ungleichheit der Einkommen und Vermögen münden aber nicht in eine zukunftsfähige Ordnungspolitik, sondern immer wieder in eine Wirtschaftspolitik, die die Förderung der Interessen von Kapitalanlegern und globalen Konzernen zum Ziel hat. Große Teile der Menschheit müssen in Armut und ohne Hoffnung leben. Der Mangel an Rücksicht auf die Umwelt und das Klima wird nicht nur unsere Lebensgrundlagen zerstören, sondern auch zu katastrophalen Mangelsituationen und sozialen Verwerfungen führen. 
Umwelt oder Soziales wird meist nebensächlich behandelt. Für Schäden muss dann meistens die Gesellschaft aufkommen. Dies widerspricht dem Geist des Gemeinwohls. Alles Wirtschaften hat sich am Gemeinwohl aller zu orientieren: Unser Ziel ist die Verkleinerung des ökologischen Fußabdrucks von Personen, Unternehmen und Staaten. Es darf nicht mehr verbraucht werden, als diese Erde an Ressourcen pro Jahr bereitstellt. Die Zertifizierung möglichst vieler Institutionen nach den Regeln der Gemeinwohlökonomie ist ein wichtiges Ziel, um die Vergleichbarkeit der Einhaltung ökologischer Standards nachzuweisen. 
Die ÖDP bekennt sich zu den Ideen und den Zielen der Postwachstumsökonomie und dem Grundsatz „Weniger ist mehr!“. Ziel ist ein Wohlstand, der nicht auf rein materielle Größen reduziert ist, sondern menschliche Werte einbezieht. Wir wollen mit weniger materiellem Aufwand gutes Leben für alle ermöglichen, weshalb die Kreislaufwirtschaft zu fördern ist. 
Die ÖDP fordert daher auf EU-Ebene: 

  • Die Priorisierung des Schutzes der Umwelt, der Bewahrung der Artenvielfalt und der Durchsetzung der Klimawende mit dem Ziel des Erreichens der Klimaneutralität bis zum Jahr 2030 sowie die wirksame Überwachung der dazu nötigen Umsetzungsschritte dahin. 
  • Eine Angleichung der Beschäftigungs-, Sozial- und Umweltstandards in der EU. Die ÖDP fordert, bei der Kreditprüfung vor einer Kreditvergabe eine Gemeinwohl-Prüfung durchzuführen. 
  • Europaweit ein angemessenes Grundeinkommen für Personen, die über kein eigenes Einkommen verfügen können. Dazu zählen für uns u. a. Kinder, Erziehende, Pflegende, Erwerbsunfähige und gegebenenfalls Rentner/-innen. Die Höhe eines ausreichenden Grundeinkommens muss jeweils in den einzelnen Nationalstaaten an deren volkswirtschaftlichen Gegebenheiten ausgerichtet sein. 
  • Unternehmen, die in sozialer und ökologischer Hinsicht das Gemeinwohl in besonderem Maße verfolgen und die Menschenrechte achten, sollen gefördert werden. 
  • Dezentrale, kleinteilige Strukturen sollen gefördert werden, wo immer es sinnvoll ist. Deshalb muss in der EU die Regionalität bei öffentlichen Ausschreibungen eine notwendige Grundvoraussetzung werden. 
  • Handelsabkommen dürfen Gemeinden und Regionen nicht daran hindern, gezielt lokale Wirtschaftskreisläufe zu fördern, z. B. durch Vergabe öffentlicher Aufträge. 
  • Freihandelsabkommen müssen Fairhandelsabkommen werden, die sowohl den Biodiversitätsschutz als auch soziale Mindeststandards fördern. Dazu brauchen wir einklagbare Klimaschutz- und Nachhaltigkeitsklauseln mit sanktionierbaren Umwelt-, Natur-, Tier- und Menschenrechtsstandards. Das muss für in Verhandlungen befindliche, aber auch für bereits verhandelte Abkommen gelten wie CETA und TiSA. Auch Freihandelsabkommen müssen sich an der Einhaltung planetarer Grenzen orientieren. Das europäische Vorsorgeprinzip darf durch diese Verträge nicht aufgeweicht werden. Die Einsetzung von privaten Schiedsgerichten zur verbindlichen Streitschlichtung zwischen privaten Investoren und Staaten begünstigen internationale Großkonzerne und deren Einfluss auf die Gesetzgebung in den EU-Staaten. Eine durch Handelsverträge implementierte Paralleljustiz durch private Schiedsgerichte lehnen wir daher ab. Die existierenden öffentlichen Gerichte genügen für den Schutz von Investitionen. Die Verhandlungen zu Handelsabkommen müssen maximal transparent unter Einbeziehung der Zivilgesellschaft geführt werden. 
  • Wir müssen weg von der Handelsliberalisierung hin zu einem nachhaltigen Handel mit Rohstoffen. Wirtschaftliche Interessen beim Rohstoffabbau dürfen nicht länger von sozialen und ökologischen Interessen beim Abbau von Rohstoffen getrennt werden. Die nachhaltige Gewinnung von Rohstoffen muss eine Voraussetzung für den Handel mit ihnen und für Investitionen in diesen Handel sein. Es darf auch keine einseitige Ausrichtung der Wirtschaftspolitik auf die Interessen der EU-Industrie geben, vielmehr müssen auch die lokalen Interessen in Entwicklungsländern, z. B. der Ureinwohner, beachtet werden. Die Wirtschaftspolitik der EU muss einen integrativen Ansatz verfolgen. 
  • Das europäische Kartellrecht ist zu verstärken und konsequent durchzusetzen, um die Zusammenballung wirtschaftlicher Macht zulasten des Gemeinwohls zu unterbinden. 
  • Die öffentliche Daseinsvorsorge muss wirkungsvoll vor kommerziellen Verwertungsinteressen geschützt werden. Der Zugang zu sauberem Wasser, gesunder Nahrung, angemessenem Wohnraum, Energie, Kommunikation, Transport, Bildung, Gesundheit und Kultur darf nicht von Handelsverträgen beeinträchtigt werden. 
  • Abschaffung aller umwelt- und klimaschädlichen Subventionen. Subventionen für gesundheitsschädigende, umweltbelastende und wasserintensive Techniken müssen beendet werden. 
  • Das EU-Emissionshandelssystem und die CO2-Grenzabgabe (CBAM) sollen zur Investition in emissionsarme Technologien beitragen. Der Europäische Emissionshandel ist der Kern der EU Klimaschutzpolitik im Energiesektor. Eine vollständige Versteigerung der Emissionszertifikate setzt das Verursacherprinzip durch und muss auf weitere Sektoren ausgeweitet werden. Die Einnahmen müssen in die Transformation hin zu einer klimaneutralen Gesellschaft fließen. Ihre Einnahmen dürfen nicht für fossile Energien oder für Atomkraftwerke (AKWs) verwendet werden. 
  • Die EU-Industriepolitik muss den Ausbau der erneuerbaren Energien und den Aufbau einer Wasserstoffwirtschaft mit EU-Mitteln gezielt massiv fördern. Es darf kein Geld in die Finanzierung von AKWs fließen. 
  • Das EU-Lieferkettengesetz muss sowohl ökologische als auch sozial hohe Standards vorschreiben. Der Import von Gütern in die EU, die diese Standards verletzen, muss grundsätzlich verboten werden und auf alle Unternehmen ausgedehnt werden, die der Pflicht zur Finanzberichterstattung unterworfen sind. Die Beweislast muss beim Unternehmen liegen, um nachzuweisen, ob es verantwortlich gehandelt hat oder nicht. 
  • Neben der Einfuhr von Rohstoffen, Energieträgern, Textil- und Nahrungsmitteln müssen auch Finanzprodukte in dieses Lieferkettengesetz mit einbezogen werden. Der internationale Finanzmarkt entzieht sich bisher der unmittelbaren Kontrolle. Finanzgeschäfte auf OTC-Basis müssen über Terminbörsen abgewickelt werden und in ihrer Transaktionskette überprüft werden.  
  • Für eine gerechtere weltweite Wohlstandsverteilung soll die EU Zuschüsse an regionale Sozialsysteme in den Ländern des globalen Südens zahlen, die die Bildungs- und Gesundheitssysteme, die Verkleinerung des ökologischen Fußabdrucks und eine nachhaltige regionale Landwirtschaft und Aufforstung unterstützen (nach Earth4All-Modell). 
  • Verbot der preistreibenden Spekulation mit Agrarrohstoffen. Wirksame Kontrolle durch eine Aufsichtsbehörde, die auch präventiv eingreifen soll. 

4.    Planetare Grenzen einhalten – Natur, Klima und Artenvielfalt schützen

Flächenversiegelung, Vernichtung natürlicher Lebensräume, Eintrag chemischer Substanzen in die Umwelt und die Verbrennung fossiler Rohstoffe haben nicht nur viele Lebensräume einzelner Tiere und Pflanzen zerstört, sie gefährden die Existenz des Lebens auf der Erde überhaupt. Sechs planetare Grenzen sind teilweise massiv überschritten: (1) Artensterben, (2) Klimaüberhitzung, (3) Umweltbelastung mit Mikroplastik u. a., (4) Überdüngung mit Stickstoff und Phosphor, (5) Abholzung, Grünlandumbruch und Versiegelung und (6) Verlust der Bodenfeuchtigkeit . Das erfordert eine umfassende Wende bei der Nutzung und Belastung der natürlichen Lebensgrundlagen. Den ökonomischen, ökologischen und sozialen Aspekten der Nachhaltigkeit muss endlich gleiche Bedeutung beigemessen werden. Die Berücksichtigung planetarer Grenzen, der Schutz von Natur und Artenvielfalt, Boden, Wasser, Luft und Klima sind auf die gleiche Stufe zu stellen wie die wirtschaftliche Entwicklung. Die Europäische Union muss zu einer Schutz-Union für den Planeten Erde werden. 
Die ÖDP fordert daher auf EU-Ebene: 

  • Umsetzung der Beschlüsse der UN-Weltnaturkonferenz (COP15). 
  • Ziel der Klimaneutralität bis 2030 durch Beendigung der Nutzung fossiler Energieträger und anschließende Senkung des CO2-Gehalts der Atmosphäre von derzeit 420 auf den sicheren Wert von 350 ppm mit natürlichen Methoden, insbesondere durch konsequenten Schutz und Reaktivierung der Moore, der Wälder, des Grünlands, durch Humusaufbau und gegebenenfalls Pflanzenkohleeinbringung (Terra Preta) in Ackerböden, aber ohne unterirdische Speicherung von CO₂. 
  • Anerkennung der Natur als eigenes Rechtssubjekt und Aufnahme des Rechtsstatus der Natur in die Charta der Grundrechte der Europäischen Union. 
  • Schaffung geeigneter Rechtsformen für bedeutende Teile der Natur (Wälder, Moore, Flüsse u. a.) analog zu den europäischen Gesellschaftsformen für Unternehmen, Europäische Gesellschaft (SE), Europäische Genossenschaft (SCE) und Europäische wirtschaftliche Interessenvereinigung (EWIV), damit diese vor Gericht vertreten werden können. 
  • Konsequente Verfolgung aller UN-Ziele für nachhaltige Entwicklung (SDG) und Umsetzung der in der EU vorhandenen Abkommen und Richtlinien zum Umweltschutz. 
  • Konsequente Durchsetzung des Verursacherprinzips bei Umweltschäden, internationale Übereinkunft zur Unternehmensverantwortung gegenüber der Natur und Gewährleistung der Unternehmenshaftung für Schäden innerhalb der EU und auch auf internationaler Ebene. 
  • Beachtung und kontinuierliche Verbesserung des Umweltklage- und Informationsrechts für Bürger und Zivilgesellschaft. 
  • Bepreisung der Umweltnutzung: Neben dem dringenden Ausbau der CO2-Bepreisung ist der Verbrauch natürlicher Ressourcen wie Rohstoffe sowie Flächenversiegelung usw. durch kontinuierlich steigende Steuern so lange zu reduzieren, bis die Preise aller Produkte die wahren ökonomischen, sozialen und ökologischen Kosten widerspiegeln. 
  • Besserer Schutz und Vorsorge vor gefährlichen Chemikalien (z. B. Weichmacher in Kunststoffen oder Flammschutzmittel in Elektrogeräten), zügige Ergänzung der Kandidatenliste besonders gefährlicher Stoffe gemäß der REACH-Verordnung, Ersatz der Stoffe auf der Substitute-It-Now (SIN)-Liste durch nachgewiesenermaßen ungefährliche sowie Verbot des Exports gefährlicher Chemikalien. 
  • Zugang zu sauberem und gesundem Wasser, Sicherung der Grundwasserneubildung, Grundwasser- und Gewässerschutz: Stärkung und konsequente Umsetzung der Wasserrahmenrichtlinie, Wiederanbindung von Auenbereichen, Überprüfung von Einleitungsgenehmigungen in Flüsse und Seen und des geplanten Ausbaus der Flüsse als Verkehrswege, mehr Grauwassernutzung und geschlossene Wasserkreisläufe, Umbau der Städte zu „Schwammstädten“. Minimierung des Eingriffs in den Wasserhaushalt und vorrangiger Ausgleich vor Ort. Keine industriellen Ansiedlungen in Wasserschutzgebieten. 
  • Generelles Verbot von Fracking, außerdem Verbot von Bohrungen in sensiblen Gebieten, ausgenommen für die kommunale Trinkwasserversorgung und für Wärmepumpen mit einem nicht wassergefährdenden Wärmeträger. 
  • Bodenschutz: ein EU-weites Gesetz zum Schutz des Bodens. Verbesserung des Bodenzustands (rund 70 % aller europäischen Böden sind in einem schlechten Zustand). Ende des dramatischen Flächenfraßes und der fortschreitenden Flächenversiegelung in Europa mit ihren verheerenden ökologischen, städtebaulichen, sozialen und ökonomischen Folgen. Verpflichtung zur vorrangigen Nutzung von brachliegenden Siedlungsgebieten, Gewerbe- und Verkehrsflächen bei Neubauvorhaben. Im Falle von dringend gebotener Inanspruchnahme von neuen Flächen sind flächensparender Planung und Bebauung der Vorrang einzuräumen sowie angemessene Baumaterialien und Bauverfahren zu verwenden und echte Ausgleichsmaßnahmen zu treffen. Obergrenze für den Flächenverbrauch in der EU bis 2030 und Netto-Null-Flächenneuinanspruchnahme für Siedlung und Verkehr in der EU deutlich vor 2050. Bessere Information und Schulung von Verantwortlichen auf kommunaler und Landesebene für einen besseren Bodenschutz. Recht auf Bürgerbeteiligung bei Raumplanungsverfahren. 
  • Vorbeugender Hochwasserschutz: Rückhaltung von Niederschlägen an der Stelle des Auftreffens durch Entsiegelung von Böden, Rückhaltebecken und ausgewiesene Überschwemmungszonen. 
  • Meeresschutz: Beendigung der Überfischung der Meere, der Einleitung von (Mikro-)Plastik und giftigen und radioaktiven Stoffen und der Überdüngung mit Stickstoff und Phosphor. Erforschung von geeigneten Maßnahmen und deren Umsetzung zur Rettung und Sanierung der Weltmeere. 
  • Natur- und Artenschutz: Ausweitung der Schutzgebietskulisse (u. a. Festsetzung neuer Naturschutzgebiete und Nationalparks), Schutz der letzten europäischen Urwälder. Erstellung von Bewirtschaftungsplänen mit Erhaltungszielen und -maßnahmen für Natura-2000-Schutzgebiete. Ausweitung des Schutzes gefährdeter Arten und Habitate. Sukzessive Reduktion des Einsatzes von Pflanzenschutzmitteln in Schutzgebieten. Etablierung eines funktionalen Biotopverbund-Systems auf mindestens 15 % der terrestrischen Fläche der Mitgliedsstaaten bis 2030. Beseitigung von Vollzugsdefiziten im Naturschutzrecht und bessere finanzielle und personelle Ausstattung unabhängiger Kontrollbehörden. 
  • Moorschutz: Schutz intakter und fachgerechte Wiedervernässung degradierter Moore mit dem Ziel der möglichst weitgehenden Wiederherstellung torfbildender Ökosysteme. Nachhaltige Bewirtschaftung bisher stark entwässerter Moorböden durch moorerhaltende Bewirtschaftungsformen (z. B. Paludikulturen ). Stärkere Anreize für den Moorbodenschutz durch die Agrarförderpolitik (GAP). Umbruchverbot von Moorgrünland, Beendigung des Torfabbaus, Beschränkung des Imports torfhaltiger Produkte und Substrate sowie deren verstärkte Substitution durch klimafreundlichere Alternativen. Schutz naturnaher Moorwälder. Wiedervernässung und nachhaltige Bewirtschaftung forstwirtschaftlich genutzter Moorböden. 
  • Waldschutz: Forcierung des Waldumbaus hin zu naturnahen Lebensräumen mit standortgerechten Baumgesellschaften überwiegend aus Laub- und Mischwäldern mit einer vielfältigen heimischen Pflanzen- und Tierwelt sowie einem gesunden, artenreichen Wildbestand. Förderung einer boden- und bestandschonenden Waldwirtschaft ohne chemische Pflanzenschutzmittel und Kalkung. Aufbau gesunder, stabiler und naturnaher Wälder mit Wechsel von strukturreichen Nutzwaldzonen und bewirtschaftungsfreien Naturwaldzonen (wie Urwälder). Ausweisung von mindestens 5 % der Gesamtwaldfläche als Wildnisgebiete. Schutz, Pflege und Neuanlage von Waldmänteln und -säumen. Schutz von unzerschnittenen Räumen. Anlage von Grünkorridoren, Erhalt alter Bäume und von Totholz. Honorierung von Maßnahmen zum Waldnaturschutz. Förderung von Agroforestry-Systemen . Aufbau und hinreichende Ausstattung einer europäischen Einsatzgruppe zur Bekämpfung von großen Waldbränden. 
  • Landschaftsschutz: Etablierung von Hecken, Feldgehölzen und Waldinseln als ökologische Trittsteine auch in landwirtschaftlich genutzten Flächen durch gezielte Fördermaßnahmen. Erhalt und Ausbau von Alleen und Baumreihen entlang von Straßen und Feldwegen, innerhalb wie außerhalb urbaner Siedlungsräume. Förderung von Neu-, Lücken- und Nachpflanzungen, unter anderem durch Einrichtung eines europäischen Kulturgutfonds, welcher auch den Erhalt aller anderen kulturhistorischen Landschaftselemente fördert. 

5.    Konsequenter Tierschutz – Tiere sind unsere Mitgeschöpfe 

Wahre Menschlichkeit strebt nach höchsten Standards beim Tierschutz. Dies muss zur Maxime europäischer Politik werden, wo immer es um Tiere geht: Tiere haben Rechte und sind keine Ware! Der Stellenwert des Tierschutzes ist in vielen Ländern Europas leider gering. Ein Bewusstseinswandel im Umgang mit unseren fühlenden Mitgeschöpfen ist dringend notwendig.
Jahrzehntelange verfehlte EU-Subventionspolitik sorgte für fortschreitende Industrialisierung auch der Tierhaltung. Wachstums- und Weltmarktorientierung sowie gesetzliche Mindeststandards in der Nutztierhaltung, die nicht von den Bedürfnissen der Tiere ausgehen, verursachen millionenfaches systematisiertes Tierleid in europäischen Ställen. Viel zu lang bemessene Schlachttiertransporte innerhalb der EU, mangelnde beziehungsweise nicht vorhandene Kontrollkapazitäten und eine vollkommen unzureichende Infrastruktur, um die Tiere nach dem Transport abladen, füttern und in einem Stall unterbringen zu können, schaffen noch mehr Tierleid auf dem Weg in den Schlachthof. Bei Transporten in EU-Drittstaaten verkommt der Tierschutzgedanke zur Farce.
Aber auch in Forschung und Lehre, bei der Jagd, im Zirkus und in der Heimtier- und Exotenhaltung sowie beim Handel mit Tieren leiden jeden Tag fühlende Wesen. Auch weil die EU nicht oder nur unzureichend handelt. Das muss sich ändern! 
Die ÖDP fordert daher auf EU-Ebene: 

  • Wahrung der Tierrechte gemäß dem EU-Vertrag. 
  • Bessere Durchsetzung und Kontrolle der Einhaltung des Tierschutzes gemäß der EU-Gesetzgebung. 
  • Ernennung eines eigenständigen EU-Kommissars für Tierschutz: Der Tierschutzgedanke muss anerkannter Teil der Kultur- und Rechtsordnung eines vereinten Europas werden. 
  • Schaffung einer EU-Tierschutzkommission, bestehend aus mehreren Vertretern jedes Mitgliedslandes, unter Beteiligung anerkannter Tierschutzverbände, zur Aufdeckung und Verhinderung von Tierquälerei, die bei relevanten Gesetzgebungsvorhaben auch in beratender Funktion auftritt.
  • Einführung eines europaweiten Verbandsklagerechts für anerkannte Tierschutzverbände. 
  • Verbot von Haltungsformen, die dazu führen, dass Tiere vermeidbaren Stress, Schmerzen und dadurch bedingte Krankheiten erleiden. Artgemäße sowie verhaltensgerechte Haltung und Fütterung als Maxime bei allen EU-Haltungsverordnungen und in der gemeinsamen Agrarpolitik. 
  • Sofortiges Verbot des Küken-Schredderns, der betäubungslosen Kastration sowie des betäubungslosen Enthornens von Kälbern. Keine invasiven Eingriffe (z. B. Kürzen von Schnäbeln, Kupieren von Schwänzen) ohne medizinische Indikation im Einzelfall. 
  • Einführung einer verpflichtenden Haltungskennzeichnung (Haltung, Transport, Schlachtung) für alle Lebensmittel tierischen Ursprungs, die auch für Bestandteile tierischen Ursprungs in verarbeiteten Produkten gilt. 
  • Verbot des Handels und Verkaufs landwirtschaftlicher Produkte, deren Erzeugung gegen geltendes EU Recht verstößt oder bei denen keine Haltungskennzeichnung vorhanden ist. 
  • Sofortige Streichung aller EU-Subventionen für Tiertransporte! 
  • Keine Schlachttiertransporte innerhalb der EU weiter als 100 Kilometer.
  • Schutz kleiner, regionaler Schlachthöfe und Metzgereien vor Überregulierungstendenzen der EU. 
  • Erleichterung der Schlachtung vor Ort (z. B. Hausschlachtung, Weideschuss mit mobiler Schlachtbox, „Schlachtung mit Achtung“).
  • Keine Lebendtransporte von Schlacht- oder Zuchttieren in Länder außerhalb der EU, solange dort die Einhaltung der gültigen EU-Mindeststandards nicht lückenlos gewährleistet ist. Förderung z. B. des Aufbaus von Zuchtbüchern lokaler Nutztierrassen im Rahmen der Entwicklungszusammenarbeit. 
  • Verbot von Qualzuchten bei Tieren (z. B. extrem kurznasige Hunderassen, haarlose Katzen) analog zum entsprechenden Verbot in den Niederlanden. Auch bei der Zucht von immer „leistungsfähigeren“ Nutztieren muss der Tierschutz mehr Gewicht finden.
  • Verbot der Tierhaltung zur Pelzgewinnung und Einfuhr sowie Handelsverbot für Pelze und Pelzprodukte. 
  • Verbot der Haltung, Dressur und Vorführung von Wildtieren im Zirkus!
  • Verbot des Handels mit lebenden Tieren über das Internet oder soziale Medien. Vereinfachung der Kommunikation zwischen den Mitgliedsstaaten bei grenzüberschreitenden Verstößen, insbesondere beim Handel mit Hunden, Katzen, Heimtieren und Exoten. 
  • Einführung EU-weit kompatibler und verpflichtender Systeme zur Kennzeichnung und Registrierung von Haustieren zur besseren Rückverfolgung und Festlegung einer EU-weiten Positivliste zum Handel und zur Haltung von exotischen Haustieren. 
  • Förderung von Erhalt, Nutzung und Zucht alter, vom Aussterben bedrohter Nutztierrassen, auch zur Sicherung der genetischen Vielfalt. 
  • EU-Importverbot für Jagd-Trophäen und ein klares Nein zu Trophäenjagd und -handel.
  • Europaweites Verbot von Hetzjagden. 
  • EU-weites Verbot von tierquälerischen Jagdmethoden (Fallen-, Bau-, Bogenjagd u. a.). 
  • Keine Jagd auf gefährdete Tierarten (Rote Liste ab Vorwarnstufe). 
  • Verbot der Jagd aller Singvögel. 
  • Verbot der Jagdhundeausbildung in sog. Schliefenanlagen und künstlichen Tunneln. 
  • Bessere Kontrolle über zweckgebundene EU-Mittel für streunende Tiere wie z. B. Straßenhunde anstatt illegaler qualvoller Tötung. 
  • Intensive Förderung tierversuchs- und tierverbrauchsfreier Forschungs- und Lehrmethoden und die Einrichtung eines entsprechenden europäischen Lehrstuhls. Wir brauchen einen Ausstiegsplan – für eine EU ohne Tierversuche!
  • Verbot gentechnischer Manipulationen an Tieren.

6.    Land- und Forstwirtschaft sind Basis unseres Lebens 

Die Landwirtschaft wurde innerhalb weniger Jahrzehnte von einer bäuerlichen Kreislaufwirtschaft zu einer industriellen Rohstoffproduktion für Nahrungsmittelindustrie und Energieerzeugung umgebaut. Die Subventions-, Freihandels- und Wettbewerbspolitik der EU war und ist ausgerichtet am Dogma des „Wachsens oder Weichens“. Statt der Versorgung der eigenen Bevölkerung uneingeschränkt Priorität zu geben, wird immer noch die Produktion für den Weltmarkt als Weg aus der Dumpingpreisfalle gepriesen. Zunehmende Abhängigkeit von Subventionen, von der chemischen Industrie sowie von Öl- und Futtermitteleinfuhren macht unsere Lebensmittelversorgung krisen- und störungsanfällig. Zudem profitieren von der Verteilung der EU Subventionen vor allem große, intensiv wirtschaftende Betriebe. 4/5 aller Gelder fließen an 1/5 der Betriebe, kleinere Familienbetriebe bleiben auf der Strecke. In den letzten 20 Jahren ist bundesweit die Zahl der bewirtschafteten Höfe um fast 50 % gesunken.
Als äußerst negative Folge dieser Entwicklung schreitet das sog. Landgrabbing, also der Landraub, in Europa und überall auf der Welt immer weiter fort. Internationale Agrarkonzerne, Banken, Pensionskassen, Stiftungen und andere landwirtschaftsferne Investoren sichern sich riesige landwirtschaftliche Flächen als rentable Wertanlagen. Für bäuerliche Familienbetriebe sind diese Flächen damit verloren. Zusätzlich heizen ungebremster Flächenverbrauch durch Verkehrs-, Gewerbe- und Siedlungsprojekte sowie die Konkurrenz zur Energiepflanzenproduktion für Biogas die Pachtpreise an.
Pestizide, Stickstoffüberdüngung und industrialisierte Bewirtschaftungsweisen haben uns auch in Europa an den Rand einer dramatischen Katastrophe gebracht: Wir befinden uns mitten im größten Artensterben seit dem Aussterben der Dinosaurier! Besonders im landwirtschaftlich genutzten Offenland sind die Verluste bei Säugetieren, Vögeln, Insekten und Pflanzen desaströs. Die EU-Biodiversitätsstrategie wird nicht konsequent umgesetzt, Vorgaben werden oft nur unzureichend überprüft. 
Zahlreiche Studien belegen, dass der Ökolandbau in allen gesellschaftlich wichtigen Bereichen (Klimaschutz, Erhalt der Bodenfruchtbarkeit, Trinkwasserschutz, Schutz der Biodiversität, Tierwohl …) positiv zu bewerten ist.  Sein Ausbau muss Priorität haben. 
Die ÖDP fordert daher auf EU-Ebene: 

  • Konsequente Neuausrichtung der Gemeinsamen EU-Agrarpolitik (GAP) an Gemeinwohlleistungen der Landwirtschaft (Klimaschutz, Erhalt der Artenvielfalt, Gewässerschutz, Tierwohl …): öffentliches Geld nur noch für öffentliche Leistungen!
  • Fördergelder müssen verbindlich an einfache, aber wirksame ökologische und soziale Standards gebunden werden. Abschaffung der pauschalen Flächenförderung! 
  • Zahlungen sind anhand von Punktesystemen auf Basis leicht zu erfassender Betriebsdaten betriebsindividuell zu qualifizieren: Bauernhöfe mit höherem Grünlandanteil, mehr Biotopflächen, bodengebundener Tierhaltung, kleinen Schlägen, vielfältigeren Fruchtfolgen und höherer CO2-Bindung durch Ackerhecken, Humusaufbau und Einbringung zertifizierter Pflanzenkohle  in Böden müssen höher gefördert werden als Betriebe, die sich diesen Mehraufwand sparen und auf Rationalisierung und Mindeststandards setzen. 
  • Die Erkenntnisse des Weltagrarberichts sind allen politischen Entscheidungen zugrunde zu legen: Stabile, regionale und innerbetriebliche Wirtschaftskreisläufe statt Weltmarktorientierung und Wachstumszwang! Versorgungssicherheit bei Lebensmitteln kann nur erreicht werden durch eine Landwirtschaft, die möglichst unabhängig von Lieferketten, Futter- und Düngemittelimporten ist. 
  • Förderung von Modellprojekten, z. B. stadtnaher, ökologischer Landwirtschaft zur urbanen Eigenversorgung. 
  • Importstopp von Futtermitteln und landwirtschaftlichen sowie tierischen Produkten, die auf umweltschädliche und unsoziale Art produziert wurden. Fairhandel statt Freihandel! 
  • Stopp von Landgrabbing und Agrarlandverkauf an landwirtschaftsferne Personen und Gesellschaften.
  • Schrittweise Beendigung der Förderung für alle Agrokraftstoffe bis 2030! Kein Verbrennen mehr von Lebensmitteln im Tank! 
  • Mehr Geld für Forschung in der Bio-Landwirtschaft! Mindestens 30 % der EU-Forschungsmittel im Bereich Landwirtschaft sind für Themen des Ökolandbaus zur Verfügung zu stellen.
  • Verbesserung und Ausweitung des Beratungsangebots für Umstellungs- und Biobetriebe, v. a. in den Bereichen Vermarktung, Marketing und Verarbeitung sowie im Lebensmittelhandwerk. Wir fordern eine Prämie und Unterstützung für Betriebe des Lebensmittelhandwerks, die auf biologische Produktion umstellen wollen.
  • Der Lebensmitteleinkauf aller öffentlichen Einrichtungen ist verpflichtend umzustellen auf mindestens 30 % Produkte aus regionaler Ökolandwirtschaft. 
  • Die Grundlagen des Ökolandbaus müssen bei sämtlichen „grünen Berufen“ als gleichberechtigter Ausbildungsinhalt neben den konventionellen Lehrinhalten vermittelt werden. 
  • Verbot von Glyphosat und allen Totalherbiziden, Halbierung des gesamten Pestizideinsatzes. 
  • Grundlegende Reform des Systems der Risikobewertung, Zulassung und Kontrolle von Pestiziden. Ergebnisse des Gewässermonitorings müssen bei Stoffzulassungen in die Risikobewertung einfließen. 
  • Exportverbot von in der EU verbotenen Pestiziden. 
  • Sicherstellung von mehr Gewässerschutz nach der Europäischen Wasserrahmenrichtlinie (WRRL). 
  • Förderprogramme für unterirdische Tröpfchenbewässerung zur Einsparung von Wasser.
  • Etablierung von Förderprogrammen für Dachgewächshäuser und Einsatz von Aquaponik für die Fischzucht.
  • Tierbestände sind auf umweltverträgliche Größenordnungen zu reduzieren (max. 2 GV/ha, z. B. 2 erwachsene Rinder/Hektar). Stallneubauten bzw. Umbaumaßnahmen sind nur noch zu fördern, wenn diese Vorgabe nicht überschritten wird. Zur Erreichung der Pariser Klimaziele müssen die Tierbestände in der EU bis 2045 halbiert werden.
  • Das Wohlergehen der Nutztiere muss bei der Umsetzung der Gemeinsamen Agrarpolitik Vorrang bekommen: Verbesserung der Haltungsbedingungen für unsere Mitgeschöpfe! Bessere Haltungsbedingungen bedeuten auch weniger Antibiotikaeinsatz zum Schutz von Mensch, Tier und Umwelt! 
  • Bessere Förderung der Weidetierhaltung. 
  • Höchste Priorität für den Schutz der Böden: weitestgehende Begrenzung des Flächenverbrauchs und Förderung des Aufbaus der Humusmenge zur Speicherung von CO₂ und zum Erhalt der Bodenfruchtbarkeit.
  • Stärkerer Erhalt und Aufbau von Wäldern als wichtige CO₂-Senken und Wasserspeicher gegen Klimaextreme und Sturzregen. Unterstützung von Programmen für Miniwälder (Tiny Forests) in von Dürre bedrohten Regionen.
  • Keine Deregulierung des Gentechnikgesetzes! Konsequentes Anbauverbot für gentechnisch veränderte Organismen (GVO) in der EU. Dies muss auch für CRISPR/Cas und weitere neue biotechnische Methoden gelten. Importierte Produkte, die mit GVO hergestellt sind oder diese enthalten, müssen klar und verständlich gekennzeichnet sein. 
  • Keine Patente auf Leben!

7.    Verbraucherschutz betrifft alle Lebensbereiche 

7.    Verbraucherschutz betrifft alle Lebensbereiche 
Als einer der größten Binnenmärkte der Welt verfügt die EU über ein breites Gesetzeswerk, das den freien Verkehr von Waren, Dienstleistungen und Kapital regelt. Die Rechte der Konsumenten in diesem von der Wirtschaft dominierten Markt sind nach wie vor nicht ausreichend definiert. Belange wie das Recht auf ökologische und naturnahe Produkte, das Recht auf Reparatur in Verbindung mit dem Verbot von geplanter Obsoleszenz  haben bislang keine EU-weite Rechtsgrundlage. Nach wie vor haben belastete Nahrungsmittel und genmanipulierte Pflanzen in der EU freien Zugang zum Markt. Verbraucherschutz ist mittlerweile eine europäische Aufgabe, betrifft sämtliche Lebensbereiche: Lebensmittelherstellung, Informationen über Waren und Dienstleistungen, Internethandel und elektronischer Zahlungsverkehr, Reisevertragsrecht, Energiequellen, soziale Medien bis hin zum Mobilfunk. 
Die ÖDP fordert insbesondere auf EU-Ebene: 

  • Generelle Verpflichtung zur Anwendung des Vorsorgeprinzips, insbesondere wenn es die Gesundheit der Menschen betrifft. 
  • Produktkennzeichnungspflicht für Inhaltsstoffe aller Nahrungsmittel, Körperpflege- und Kosmetikartikel: detailliert, leicht lesbar (Bio-Label gut sichtbar), verständlich und mit Angabe des Herstellers, des Erzeugungsortes sowie der verwendeten Vorprodukte und tierischen Bestandteile. Verbot von Anbau, Zucht und Import gentechnisch veränderter Pflanzen, Tiere und Lebensmittel, auch der mittels Genschere (CRISPR/Cas) veränderten. Notwendige Änderung davon betroffener Freihandelsabkommen. Bis zur Verbotsumsetzung bedarf es gerade für Allergiker einer eindeutigen Kennzeichnung sämtlicher Produkte aus gentechnisch verändertem Material. 
  • Verbot von Werbung für Alkohol, Tabak und andere Suchtmittel sowie für alle gesundheitsgefährdenden Nahrungsmittel, die einen zu hohen Anteil an zugesetztem Zucker und Zuckerersatzstoffen, Salz oder minderwertigen Fetten enthalten. Werbeverbot für gesundheitsgefährdende Nahrungsmittel insbesondere für Kinder und Jugendliche. Verpflichtung zur eindeutigen Nahrungsmittelkennzeichnung mit Nennung aller Zusatz-, Aroma- und Hilfsstoffe. 
  • Verpflichtung zu gesundheitlich unbedenklichen Lebensmittelverpackungen, anderen Lebensmittelkontaktmaterialien und Geschirr durch klare Verbote für besonders stark schädigende Stoffe. Entfernung potenziell gesundheitsschädigender Produkte vom Markt und Einführung eines europäischen Zulassungsverfahrens. Stärkung der Überwachung der Vorschriften und Rechtsdurchsetzung. 
  • Kennzeichnungspflicht von tierischen Produkten, damit Verbraucher bewusste Kaufentscheidungen für mehr Tierwohl treffen können. Einführung eines einheitlichen und verpflichtenden Tierwohl-Siegels! Verbraucherinformationspflicht über den Einsatz von Pestiziden, Antibiotika, Gentechnik unter Verwendung eindeutiger Bilder über die Tierhaltung. 
  • Einführungspflicht eines EU-einheitlichen, verbraucherfreundlichen Vertragsrechts, EU-weites Klagerecht der Verbraucherverbände, Zulassung von Sammelklagen und Einführung eines europäischen Studiengangs „Nachhaltigkeit“. 
  • Recht auf Reparatur von Produkten in Verbindung mit Verbot von geplanter Obsoleszenz. Verpflichtung zur Bereitstellung von Software-Updates von mindestens zehn Jahren. 
  • Verbot aller besonders bedenklichen Stoffe, insbesondere solcher mit krebserregenden, erbgutverändernden, fortpflanzungsgefährdenden und hormonverändernden  Eigenschaften sowie Verbot von gesundheitsgefährdenden Stoff- und Substanzgruppen , gerade zum Schutz von Kindern und Jugendlichen. Schnellstmögliche entsprechende Überarbeitung der EU-Chemikalienverordnung (REACH). 
  • Kein erneutes Einbringen persistent organischer Schadstoffe (POP) in den Wirtschaftskreislauf über das Recycling. Klare Kennzeichnung dieser krebserregenden, gefährlichen Chemikalien, besonders in Textilien, in Alltagsgegenständen und Verpackungen bis zur Verbotsumsetzung. Gleiche Anforderungen an die gesundheitliche Unbedenklichkeit von recycelten Materialien wie für neu produzierte. 
  • Verbot von „Fast Fashion“ und anderen kurzlebigen Phänomenen. Verbindliche Anforderungen an die ökologische Nachhaltigkeit von Textil- und anderen Erzeugnissen, ökologische Effizienz entlang der gesamten Wertschöpfungsketten, echte Kreislaufwirtschaft, die auf Abfallminimierung und Ressourcenschonung setzt, Eliminierung von Schadstoffen wie auch Mikroplastik, gute Arbeitsbedingungen und Ermöglichung klarer Kaufentscheidungen der Verbraucher durch transparente Kennzeichnung in Form eines digitalen, aber auch analogen Produktpasses sowie Wegwerfverbot für Retouren. 
  • Erleichterung der Wiederverwertung und des Recyclings sowie Minimierung der Restabfallmenge durch besseres Produktdesign, vor allem von Verbundmaterialien, und einheitliche Mülltrennsysteme in der EU. Stärkere Quoten für die Vermeidung von Müll, die die Abfallhierarchie widerspiegeln, d. h. Vorrang für Vermeidung und Wiederverwendung vor Recycling. Müllexportverbot insbesondere in Staaten des globalen Südens. Die Ausfuhr von ungefährlichen Abfällen zur weiteren Verwendung soll nur gestattet werden in Länder, die Abfälle nachhaltig behandeln können. 
  • Als Folge der NSA-Affäre braucht es eine Systemgarantie zur vertraulichen und sicheren Übermittlung von Daten bei vollständig digitaler Souveränität. Kein Konsumentenzwang zum permanenten Nachkauf neuester Produkte wie etwa Smartphones, um nicht von Teilhabe ausgeschlossen zu sein. 
  • Senkung der Strahlengrenzwerte für Mobilfunk-Sendeanlagen, Smartphones und andere Funksysteme auf anerkannte Vorsorgegrenzwerte. Kennzeichnungspflicht zur Strahlenintensität aller Geräte und Sender. 
  • Einrichtung funkarmer Bereiche in öffentlichen Gebäuden, Krankenhäusern und Verkehrsmitteln. Minimierung der Funkbelastung in Naturschutzgebieten. Sicherstellung und Erhalt funkarmer Gebiete als Lebensraum für funksensible Menschen (zur Übermittlung von Gesprächen reicht minimale Funkstrahlung aus). 
  • Erhalt der Barzahlmöglichkeit und funkunabhängiger Benutzung von Geldautomaten, ÖPNV und Fernverkehr (Recht auf analoge Lebensmöglichkeit und Datenschutz). Förderung von gesundheitsverträglicheren Alternativen zur Funkübertragung für funksensible Menschen z. B. durch optische Übertragungstechniken wie Li-Fi.  
  • Beibehaltung der Entscheidungshoheit und Autonomie der Menschen, d. h. keine ethischen oder politischen Entscheidungen durch Algorithmen/künstliche Intelligenz. 

8.    Mobilität umweltverträglich gestalten 

Die ÖDP steht für eine umfassende ökologische Mobilitätswende. Dies ist mehr, als nur die herkömmlichen Verkehrsmittel gegen ökologischere auszutauschen. Sie umfasst Dezentralisierung durch eine bessere Stadt- und Raumplanung, Verkehrsvermeidung, Verkehrsverlagerung, Vernetzung verschiedener Verkehrsoptionen und ökologischere Antriebskonzepte. Oberstes Ziel der ÖDP ist Mobilität mit möglichst wenig Verkehr. Mobilität muss gesundheitlich, sozialverträglich und ökologisch neu gedacht und „enkeltauglich“ gestaltet werden. Insbesondere muss der Anteil des Autoverkehrs zugunsten von schadstoffarmen, klimafreundlichen und ressourcenschonenden Alternativen wie Fuß- und Radverkehr sowie öffentlichem Verkehr verringert werden. Wir brauchen keine autogerechten, sondern menschengerechte Städte sowie gute Radwege und öffentliche Verkehrsverbindungen im ländlichen Raum genauso wie im urbanen. 
Die ÖDP fordert daher auf EU-Ebene: 

  • Einen Mobility-Deal für eine ökologische Mobilitäts- und Transportwende mit ambitionierten Zielen: 
  • Reduktion der Pkw-Flotte auf 150 Millionen Fahrzeuge mit deutlich reduzierter Durchschnittsgröße sowie Ressourcen- und Flottenenergieverbrauch bis 2035. 
  • Attraktive ökologische Bahn- und Fährverbindungen als Alternativen zum individuellen motorisierten Verkehr und zu Kurzstreckenflügen bis 1.000 km. 
  • Weitgehende Verlagerung des überregionalen Straßen-Gütertransports auf die Schiene und Wasserwege bis 2035. 
  • 100 % erneuerbare Energie für Mobilität bis 2030 und Aufbau der dazu erforderlichen Infrastruktur: Lademöglichkeiten für Batterie-elektrische und Tankmöglichkeiten für Fahrzeuge, die synthetische Kraftstoffe auf der Basis von erneuerbarem Wasserstoff nutzen. 
  • Beschränkung des Einsatzes synthetischer Kraftstoffe auf Schwerlastverkehr, nötigen Flug- und Schiffsverkehr u. a., bei denen eine direkte Elektrifizierung schwer möglich ist. 
  • Möglichst vollständige Gewinnung der dafür benötigten Rohstoffe sowie Produktion der Infrastruktur und Fahrzeuge in der EU. Importe aus Drittstaaten nur unter strenger Beachtung von Menschenrechten sowie Sozial- und Umweltstandards. 
  • Umfassende Förderung von Verkehrsvermeidung und Verkehrsverminderung sowie ökologisch vorteilhaften Mobilitätsoptionen wie Fuß-, Rad-, öffentlicher Personennah- und Bahnverkehr und bessere Vernetzung und Auslastung verschiedener Verkehrsmittel, etwa durch Car-Sharing, insbesondere auch im ländlichen Raum. 
  • Regelung der Belastung aller Verkehrsarten durch Steuern, Abgaben und Gebühren, sodass ihre tatsächlichen Kosten, Umweltbelastungen und Folgeschäden berücksichtigt werden, insbesondere Belastung des motorisierten Individualverkehrs nach Energie-, Ressourcen- und Flächenverbrauch sowie Treibhausgas-, Schadstoff- und Lärmemissionen bei entsprechender Entlastung ökologisch vorteilhafter Mobilitätsoptionen. 
  • Beendigung der europäischen Subventionen für den Straßenbau (z. B. durch Strukturfonds). Keine Subventionen für autonomen motorisierten Individualverkehr, Flugtaxis und jegliche Mobilitätsform, bei der eine breite gesellschaftliche Teilhabe nicht absehbar ist. 
  • Besteuerung des Flugverkehrs. Grundsätzliches Verbot von Kurzstreckenflügen unter 1.000 km und Start- und Landeverbot von 20–6 Uhr. Keine Subventionierung des Neu- und Ausbaus von Flughäfen. 
  • Vorgaben für Tempolimits in den Mitgliedsstaaten: 120 km/h auf Autobahnen, 80 km/h außerorts und 30 km/h in geschlossenen Ortschaften mit Ausnahme geeigneter Hauptstraßen. 

9.    Umfassende Energie- und Ressourcenwende 

Unsere Wirtschaft ist stark abhängig von Energie und Ressourcen, deren Erzeugung und Nutzung massive Auswirkungen auf unsere Umwelt haben. Der Wachstumszwang hat den Bedarf an kritischen Rohstoffen stark steigen lassen. Der vermehrte Abbau und die Veredelung von Rohstoffen verschärfen globale Umweltprobleme wie die Bodendegradation oder den zunehmenden Verlust an biologischer Vielfalt weltweit. Das Ziel der ÖDP ist eine sparsame Verwendung von Energie und Ressourcen, ein vollständiger Umstieg auf erneuerbare Energien im Einklang mit Anwohner-, Arten-, Natur- und Landschaftsschutz bis 2030, das Ende des ständigen Wachstums von Konsum und Verbrauch sowie die Abkehr von der Wegwerfgesellschaft und der Aufbau einer echten Kreislaufwirtschaft. 
Weniger ist mehr! Es geht nicht nur um den Ersatz fossiler und nuklearer Energien durch erneuerbare, nicht nur um eine ökologische Produktion. Durch eine bessere räumliche Verbindung von Arbeiten, Nahversorgung, Freizeit und Wohnen über kurze Wege; durch eine umfassende Mobilitätswende mit einem Vorrang für Fuß- und Radverkehr sowie öffentlichen Verkehr; durch an sich ändernde Bedürfnisse anpassbare Wohnangebote mit einem hohen Anteil gemeinschaftlich genutzter Räume; durch gemeinschaftliche Nutzung, Verleih und Tausch von Fahrzeugen, Werkzeug u. a.; durch reparaturfreundliche, langlebige und bevorzugt aus nachwachsenden Rohstoffen hergestellte Produkte; durch einen intelligenten Mix verschiedener erneuerbarer Energien und durch gemeinschaftliche Energiekonzepte auf Quartierebene will die ÖDP erreichen, dass wesentlich weniger Energie als heute benötigt wird, für deren Bereitstellung weniger Ressourcen notwendig sind und weniger Flächen in Anspruch genommen werden. Wenn Energie genutzt wird, soll dies effizient erfolgen: durch Kreislaufwirtschaft, durch energetisch sanierte Gebäude, durch elektrische statt Verbrennungsantriebe, durch energieeffiziente Geräte. 
Die ÖDP fordert daher auf EU-Ebene: 

  • Klare ambitionierte Zielvorgaben: 100 % Energieversorgung aus erneuerbaren, überwiegend europäischen Quellen bis 2030. Aufbau einer möglichst vollständigen Produktion der dazu erforderlichen Komponenten und Anlagen in der EU, von der Rohstoffgewinnung bis zur betriebsbereiten Anlage. 
  • Kein Greenwashing umweltzerstörender und gefährlicher Energieformen. Schluss mit irreführenden Klassifizierungen: Nur Energien, die beständig verfügbar sind oder sich durch natürliche Zyklen wie Pflanzenwachstum innerhalb kurzer Zeit regenerieren, sind als erneuerbare Energien anzusehen. Kernkraft, fossile Brennstoffe, eingeschlossen Erdgas, sowie nicht nachhaltig gewonnene Biomasse, Torf und nicht recycelbare Abfall- und Reststoffe, die aus fossilen Energieträgern hergestellt wurden, sind keine erneuerbaren Energien. 
  • Verbot des Energie-, Rohstoff-, Komponenten- und Anlagenimports aus Staaten mit Menschenrechtsverletzungen. Verpflichtung von Unternehmen, entlang ihrer gesamten Lieferkette Menschenrechte, Sozial- und Umweltstandards einzuhalten. Kein Rohstoffabbau in sensiblen Ökosystemen, Naturschutzgebieten oder in der Tiefsee.
  • Keine Unterstützung des Neubaus, der Erweiterung oder Bestandserhaltung fossiler Energieinfrastruktur wie Flüssiggasterminals. Ende der Förderung und des Imports fossiler Ressourcen bis spätestens 2030. 
  • Für noch europaweit bestehende Atomkraftwerke Verpflichtung zum Abschluss einer Haftpflichtversicherung, die auch reguläre Entsorgung sowie Folgen einer möglichen Reaktorkatastrophe finanziell abdeckt. 
  • Beendigung des Euratom-Vertrags, unverzüglicher EU-weiter Atomausstieg und Ersatz durch einen Erneuerbare-Energien-Vertrag zur Umstellung auf eine weltweit erneuerbare Energieversorgung im Einklang mit Umwelt- und Artenschutz und unter Beachtung von Menschenrechten und Sozialstandards. 
  • Förderung des Umbaus der Energieversorgungsstrukturen hin zu dezentralen Einheiten, die ausschließlich erneuerbare Energien nutzen und möglichst in der Hand von Bürgerinnen und Bürgern, Landwirtinnen und Landwirten, klein- und mittelständischen Unternehmen und Kommunen sind. 
  • Sicherstellung der Widerstandsfähigkeit der Energieversorgung durch dezentrale Erzeugung und Speicherung: Im Falle von Naturkatastrophen, Cyberangriffen und militärischen Aktionen muss eine Grundversorgung auf der Ebene von Städten und Landkreisen ohne Energieversorgung von außen für einen Zeitraum von mehreren Wochen gewährleistet sein. 
  • Konsequenter Aufbau einer energie- und ressourcenschonenden Kreislaufwirtschaft. Verbot von Plastikmüll- und Elektronikschrott-Exporten. 
  • Ausweitung der Ökodesign-Richtlinie auf alle Produktgruppen. 
  • Anpassung des EU-Rahmens zur Besteuerung in den Mitgliedsstaaten zwecks Bevorteilung von Reparatur, Wiederverwendung, gemeinschaftlicher Nutzung, Verleih und einer Sharing Economy. 
  • Einführung eines europäischen Rechts auf Reparatur: Verpflichtung von Herstellern von technischen Geräten, langfristig Ersatzteile anzubieten sowie Reparaturanleitungen zu veröffentlichen. Hersteller müssen einer Rücknahmepflicht unterliegen, die Recycling sicherstellt. 
  • Verpflichtung der Hersteller und Anbieter von Waren und Dienstleistungen zur Deklaration des Energie- und Ressourcenverbrauchs bei der Herstellung von Produkten in einer Weise, die Konsumenten erlaubt, sich leicht und ohne Aufwand zu informieren. 
  • Verbot der geplanten Obsoleszenz und Einführung eines effektiven Kontrollsystems.

10.    Mindeststandards in der Sozial- und Familienpolitik 

Die EU als Staatenbund mit gemeinsamen europäischen Werten gilt es auch im sozialen Bereich weiterzuentwickeln über eine neoliberal ausgerichtete Freihandelszone hinaus. Tatsächlich mangelt es in vielen EU-Ländern an einer ausgewogenen Aufteilung von Verantwortlichkeiten in Politik und Gesellschaft, in Wirtschaft und Familien zwischen den Geschlechtern und vor allem an angemessener Bezahlung besonders für von Frauen ausgeführten Tätigkeiten. Auch Versuche, Menschen bei der Wahl ihres Lebens- oder Familienmodells durch die Politik zu bevormunden oder zu diskriminieren, sind in großem Maße festzustellen. Die national unterschiedlich gewachsenen Sozialsysteme liegen auch weiterhin in erster Linie im Verantwortungsbereich der Mitgliedsländer, wobei Annäherungen anzustreben sind. Dabei ist darauf zu achten, dass jedes Sozialsystem auch innerhalb eines jeden Landes funktionsfähig ist. 
Die ÖDP fordert auf EU-Ebene: 

  • Soziale Mindeststandards, die Ziele und Werte der EU erfüllen und für alle Mitgliedsländer verbindlich sind. 
  • Eine Stärkung der Familien durch Verpflichtung zu einem angemessenen staatlichen Lasten- und Leistungsausgleich. 
  • Generationengerechtigkeit durch gleiche öffentliche Leistungen für die Jugendsicherung einerseits und die Alterssicherung andererseits in jedem EU-Land. 
  • Verbesserung der Möglichkeiten der Vereinbarkeit von Familie und Beruf durch familienfreundliche und familiengerechte Leitlinien für Arbeitgeber/-innen und die Gesetzgebung. 
  • Gezielte Anstrengungen, um die Gleichwertigkeit von familiärer und beruflicher Erziehungs- und Pflegearbeit durch gleichwertige Honorierung sicherzustellen – erforderlich, wenn die in der Familie geleistete Arbeit über ein Umlageverfahren nicht nur den Eltern, sondern der Allgemeinheit zugutekommen soll. 
  • Gewährleistung sozialer Sicherheit und Teilhabe durch Sicherungssysteme für Lebenszeiten und Lebenslagen, in denen eine Absicherung lebensnotwendig ist. 
  • Finanzierung von Sozialleistungen und öffentlichen Aufgaben durch die Bürgerinnen und Bürger gemäß ihrer wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit. 
  • Monitoring und Verbesserung des Schutzes der Rechte von Kindern, Jugendlichen sowie Eltern. 
  • Fortschritte bei der Bekämpfung von Kinderarmut, die immer auch Elternarmut und damit Familienarmut ist, durch ein ausgewogenes Sozialsystem. 
  • Engagierter Kampf gegen das geschlechtsspezifische Lohngefälle durch Angleichung der Löhne für die überwiegend von Frauen geleistete Sorgearbeit innerhalb und außerhalb der Familie gegenüber anderer Erwerbsarbeit. 
  • Gezielte Maßnahmen für mehr Geschlechtergerechtigkeit sowie Programme zur Gleichstellung der Geschlechter in öffentlichen und akademischen Bereichen. 
  • Langfristige Förderprogramme für Sozial- und Geschlechterforschung im medizinischen Bereich. 
  • Gezielte Bekämpfung von Zwangsprostitution, Menschenhandel sowie Ausbeutung jeglicher Art. 
  • Keine Bevormundung oder Diskriminierung bei der Wahl des Lebens- und Familienmodells. 

11.    Bildung für alle Lebensbereiche 

Die ÖDP steht als proeuropäische Partei ganz klar hinter dem Grundgedanken eines „Europäischen Bildungsraums“  und „Europäischen Hochschulraums“ . Hierbei setzt die Europäische Union den Rahmen für die nationalen Bildungssysteme. Deutliche Auswirkungen davon waren in Deutschland die Umstellung von Diplom-Studiengängen auf Bachelor-/Master-Studiengänge im Zuge der sog. „Bologna-Reform“  und das ERASMUS-Programm. 
Bildung ist für die ÖDP mehr als der Erwerb von Fähigkeiten und Wissen. Bildungspolitik darf nicht auf reine Verwertbarkeit ausgerichtet werden. Forderungen, die den Menschen nur als „Werkzeug“ oder „Ressource“ der Wirtschaft sehen, lehnt die ÖDP klar ab. Bildung dient auch der Entfaltung der Persönlichkeit und der aktiven Gestaltung des eigenen Lebens. Dafür sind das kritische Hinterfragen von gesellschaftlichen Verhältnissen und Strukturen, die Befähigung zur nachhaltigen Mitgestaltung der Gesellschaft und ein Verständnis der Natur als Lebensgrundlage elementar wichtige Bestandteile von Bildung im Verständnis der ÖDP – ebenso wie die Werte Toleranz, Fairness, Respekt und Hilfsbereitschaft. 
Demokratie lebt von einer solchen Bildung. Politisch zu sein, mitzudenken, zu partizipieren und damit Demokratie auch im Alltag zu leben, ist eine Haltung – diese zu vermitteln und zu fördern, ist die notwendige Pflicht der Bildungsinstitutionen. Wenn wir als europäische Gesellschaft krisenfest sein und bleiben wollen, brauchen wir dafür mündige Bürgerinnen und Bürger mit dieser Haltung, die Ja zur Demokratie und Ja zur Europäischen Union sagen. 
Die besondere Bedeutung des freien und kritischen Geistes im Bildungsverständnis der ÖDP schließt eine Praxisorientierung von Bildungsmaßnahmen ausdrücklich nicht aus. Vielmehr muss es darum gehen, Praxis und kritisches Reflektieren miteinander zu verzahnen. Gerade im Bereich der beruflichen Qualifizierung sollen sich Bildungsmaßnahmen an den konkreten beruflichen Anforderungen orientieren. Dabei sind die Arbeitsverhältnisse sowie die dabei wirkenden wirtschaftlichen und politischen Rahmenbedingungen immer zu hinterfragen. Auch im sogenannten „allgemeinbildenden“ Bildungssystem sollen – wo möglich – Lebensbezüge hergestellt werden, um konkrete Gestaltungskompetenzen zu entwickeln. Die ÖDP vertritt hier fortschrittliche Ansätze, die die althergebrachte Spaltung zwischen Bildung und Praxis auflösen. 
Die ÖDP fordert daher auf EU-Ebene: 

  • Umsetzung des Menschenrechts auf Bildung, wie es in der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte (Art. 26) festgehalten ist, d. h. Orientierung der Bildungspolitik an der vollen Entfaltung der Menschen. 
  • Es muss jedem Menschen möglich sein, sich auch noch in hohem Alter weiterzubilden und persönlich weiterzuentwickeln.
  • Einführung eines anderen Verständnisses des „lebenslangen Lernens“ auf EU-Ebene und entsprechende Anpassung der EU-Verträge. Es soll dabei nicht mehr nur um Anpassung an Technik und Anforderungen des Marktes gehen, sondern um die Möglichkeit zur persönlichen Entwicklung. 
  • Finanzielle Aspekte dürfen kein Hinderungsgrund für die Teilnahme an Bildungsmaßnahmen sein. 
  • Der „Fachkräfte-on-Demand“ -Ansatz der Europäischen Kommission für die Hochschulen ist sofort zu beenden. 
  • Förderung von praxisorientierten Ansätzen sowohl im sog. „allgemeinbildenden“ Bildungssystem als auch im Bereich der beruflichen Aus- und Weiterbildung. 
  • Der Europäische Qualifikationsrahmen und die Zuordnungen der nationalen Qualifikationsrahmen sind so weiterzuentwickeln, dass nicht mehr Bildungszertifikate, sondern tatsächliche Kenntnisse, Fertigkeiten und Kompetenzen die Basis für die Einordnung darstellen.
  • Der Europäische Qualifikationsrahmen zur Vergleichbarkeit europäischer Abschlüsse ist insgesamt differenzierter zu gestalten, um Qualifikationen angemessen abzubilden. 
  • Projektförderung für die Einführung von Bildungsmaßnahmen, die die Sensibilität der Menschen für Zusammenhänge und Wirkmechanismen in der Natur fördern und erhöhen. 
  • Ausschreiben von Wettbewerben für Bildungseinrichtungen, welche die Sensibilität der Natur in den Mittelpunkt stellen. 
  • Ausweitung von Bildungsmaßnahmen, die die Beachtung und Einhaltung der Menschenrechte und der demokratischen Werte zum Ziel haben. 
  • Förderung von didaktischen Ansätzen der politischen Bildung und Demokratiebildung und Vernetzung der geförderten Bildungsinstitutionen. 
  • Förderung innovativer Bildungseinrichtungen, die in ihren didaktischen Ansätzen stärker auf musikalische, künstlerische, sportliche und geisteswissenschaftliche Bildung fokussieren. •     Stärkung der außerschulischen Bildung (z. B. Vereine, Jugendverbände). 
  • Generell Auflegung von Programmen zur Förderung finanziell Schwacher zur Teilhabe an Bildungsmaßnahmen. 

12.    Arbeit 

Die extrem unterschiedlichen Lebensverhältnisse innerhalb der EU und weltweit haben zu Arbeitsmigration geführt. Dies hat eine ganze Reihe negativer Folgen wie Lohndumping und Schwarzarbeit, wachsende Konkurrenz im Niedriglohnsektor und um bezahlbaren Wohnraum, Gettobildung und soziale Schieflagen – auch innerhalb der EU-Mitgliedsstaaten. Länderübergreifende Arbeitsmigration entzieht oft den Herkunftsländern wichtige, dort ausgebildete Fachkräfte. Zur Vermeidung dieser negativen Konsequenzen brauchen die Arbeitswelt ebenso wie die Arbeitsmigration klare Rahmenbedingungen. Die europäische Gesetzgebung bezüglich Migration sollte insbesondere auf vergleichsweise motivierte und lernfähige Arbeitnehmer abzielen. 
Bisher beteiligt sich die EU im Rahmen der WTO an den Verhandlungen zu TiSA. Alles bislang vom Dienstleistungsabkommen Trade in Services Agreement (TiSA) Bekannte verstößt gegen die Werte der EU. So sollen z. B. aus dem Nicht-EU-Ausland kommende Arbeiterinnen und Arbeiter nach dem Entsende-Land bezahlt und behandelt werden, nicht nach den Sozial- und Arbeitsvorschriften des EU-Landes, in dem die Leistung erbracht wird. 
Die ÖDP fordert daher auf EU-Ebene: 

  • Den sofortigen Ausstieg der EU aus den Verhandlungen zu TiSA. 
  • Für die Arbeitswelt: 
  • Grundsatz „Gleicher Lohn für gleichwertige Arbeit“ statt „Gleicher Lohn für gleiche Arbeit“. 
  • Durchsetzung des Rechts, Gewerkschaften zu gründen, sowie Schutz und Erweiterung der Mitbestimmungsrechte der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer. 
  • Gesetzliche Garantie existenzsichernder Löhne für alle Arbeitskräfte. 
  • Recht auf (bezahlte) Weiterbildung für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer. 
  • Ausbau der Austauschprogramme für Jugendliche wie Erasmus+. 
  • EU-einheitliche Mutterschutzregelungen: Verlängerung der Mindestdauer des Mutterschaftsschutzes auf 18 Wochen, davon mindestens zwei Wochen vor der Entbindung. 
  • Fortzahlung von 100 % des sozialversicherungspflichtigen Arbeitsentgelts während des Mutterschaftsschutzes. 
  • Anpassung des Arbeitsschutzes an die Herausforderungen einer sich wandelnden Arbeitswelt. 
  • Schutz von Whistleblowern in Betrieben. 
  • Für die Arbeitsmigration aus EU-Staaten: 
  • Enge Auslegung der Werkvertragsregelung, damit sie nicht mehr zur Umgehung sozialversicherungspflichtiger Beschäftigung genutzt werden kann. 
  • Einhaltung der Umwelt-, Sozial- und Beschäftigungsstandards (einschließlich Mindestlohn) des Mitgliedsstaates, in dem die Dienstleistung erbracht wird. 
  • Für die Arbeitsmigration aus Nicht-EU-Staaten: 
  • Die Schaffung eines einheitlichen europäischen Zuwanderungsgesetzes, das faire Chancen auf legale Zuwanderung in die EU bietet, aber nicht zu einer übermäßigen Abwanderung gut qualifizierter Fachkräfte aus den Herkunftsländern führt. 
  • Mindestschutz der Arbeitnehmerrechte entsprechend den Kernarbeitsnormen der Internationalen Arbeitsorganisation ILO (International Labour Organisation). 
  • Schaffung eines sozialen Sicherungssystems, das – bei Berücksichtigung der nationalen Begebenheiten – in allen EU-Mitgliedsstaaten vergleichbar ist. 
  • Praxisorientierte Ausbildung, bei der auf fachliche und sprachliche Qualifizierung und kulturelle Integration zu achten ist. Vermittlung des Leitbildes der europäischen Idee und des Einsatzes für das Gemeinwohl. 
  • Eine Probezeit hinsichtlich der Aufenthaltsgenehmigung, die der Bewährung dient und das Streben nach Sozialleistungen verhindert. Anwendung des Prinzips „fordern und fördern“. 

13.    Bekämpfung von Fluchtursachen – humane Asyl- und Flüchtlingspolitik

Flucht und Migration – vor allem in die benachbarten Länder – haben viele Ursachen: Kriege und Bürgerkriege, häufig unter Einsatz deutscher Waffen, Verfolgung aus religiösen Gründen, Misswirtschaft und Korruption und die Folgen von Freihandelsabkommen sowie der Lebens- und Wirtschaftsweise der Industrienationen. 
Zunehmend ist der Klimawandel mitursächlich oder Hauptursache von Flucht und Migration. Da Flüchtenden normale Reisemöglichkeiten meistens verwehrt sind, geraten sie oft in die Fänge organisierter Schlepper und versuchen unter Gefahr für Leib und Leben nach Europa zu kommen. 
Wir sind mitverantwortlich für viele der Fluchtursachen. Die aktuelle Politik der EU und ihrer Mitgliedsstaaten unternimmt insgesamt zu wenig für ihre Behebung: Förderung gerechter Strukturen, Achtung der Menschenrechte und guter Regierungsführung in der Welt, faire Handelsbeziehungen, friedliche Behebung von Konflikten sowie Kampf gegen den Klimawandel und seine Folgen. So kommt es zu Hunger, unerträglicher Not, Unterdrückung und Konflikten und infolgedessen zu Flucht und Vertreibung.
Die Gewährung von Asyl und die Umsetzung der Genfer Flüchtlingskonvention sind unsere Pflicht und ein unverzichtbarer Akt der Menschlichkeit. Europa kann nicht alle Flüchtenden aufnehmen, aber eine Abschottung in einer „Festung Europa“ lehnen wir ab. Durch das Dublin-Verfahren werden Mitgliedsstaaten an den EU-Außengrenzen und die bevorzugten Zielländer in der Mitte und im Norden Europas übermäßig belastet und geraten an die Grenzen dessen, was möglich beziehungsweise gewünscht wäre. 
Die ÖDP fordert daher auf EU-Ebene: 

  • Ein gemeinsames europäisches Asylrecht. 
  • Behebung von Fluchtursachen: 
  • Umwandlung aller Handelsverträge in Fairhandelsverträge. 
  • Hilfe zur Selbsthilfe und Unterstützung bei Wiedergutmachungs- und Versöhnungsprozessen in Krisengebieten. 
  • Sparsamer und effizienter Umgang mit Rohstoffen. 
  • Keine Rüstungsexporte außerhalb der EU und NATO, ausgenommen ein Land verteidigt sich gegen einen völkerrechtswidrigen Angriff. 
  • Menschenwürdigen Umgang mit Flüchtlingen an den EU-Außengrenzen und in den Aufnahmestaaten und konsequentere Kontrolle der Einhaltung der Menschenrechte durch die europäische Agentur für die Grenz- und Küstenwache Frontex. 
  • Faire Verteilung der Geflüchteten oder finanziellen Ausgleich nach Einwohnerzahl und wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit der EU-Mitgliedsländer. Abschaffung der ungerechten Verteilung der Flüchtlinge, wie sie derzeit mittels der „Drittstaatenregelung“ des Dublin-Abkommens erfolgt. 
  • Schaffung von Möglichkeiten, außerhalb der Grenzen der EU-Staaten einen Asylantrag für die EU stellen zu können. 
  • Bekämpfung des Schlepperwesens durch Eröffnung sicherer und legaler Fluchtwege. 
  • Aufenthaltserlaubnis aus humanitären Gründen für Kontingentflüchtlinge, bis eine Rückkehr ins Heimatland möglich ist. 
  • Ausweitung der organisierten Aufnahme von durch das UN-Flüchtlingshilfswerk UNHCR anerkannten, besonders schutzbedürftigen Flüchtlingen, die weder in ihr Heimatland zurückkehren noch in ihrem ersten Zufluchtsland bleiben können (Resettlement-Programme). 
  • Mehr finanzielle Hilfen für die Flüchtlingslager außerhalb der EU. 
  • Anerkennung von Klimaflüchtlingen. 
  • Schaffung oder Ausbau von dauerhaften Perspektiven für abgelehnte Asylbewerber in deren Heimatländern. 
  • Sicherstellung der Finanzierung des UNHCR und des Welternährungsprogramms (WFP). 

14.    Lebensschutz und Bioethik 

Die Würde des Menschen ist unantastbar, unabhängig von der Lebensphase, von körperlicher und geistiger Gesundheit und unabhängig vom Bewusstseinszustand. Elementarer Ausdruck dieser Würde sind das Recht jedes Menschen auf Leben, von der Befruchtung an bis zu seinem Tod, sowie der Grundsatz, dass Menschen niemals als Gegenstand und unter Nutzungs- oder Vermarktungsaspekten betrachtet werden dürfen. 
Die Unantastbarkeit der Würde des Menschen und sein Recht auf Leben werden insbesondere am Anfang und Ende des Lebens immer mehr infrage gestellt und bedroht. Die ÖDP steht hier zur Einhaltung dieser elementaren Grundrechte. Pränatal- und Präimplantationsdiagnostik dürfen nicht zur Selektion und Tötung von Menschen genutzt werden. 
Die ÖDP stellt sich konsequent gegen jede Kommerzialisierung, welche die Würde des Menschen antastet. Dazu gehören Leihmutterschaften, welche die Beziehung zwischen Mutter und Kind während der Schwangerschaft und ihre Bedeutung für seine weitere Entwicklung missachten, genauso wie kommerzielle Organspenden, welche das Tor zum Missbrauch von Menschen als Ersatzteillager für Organe öffnen.
Die ÖDP spricht sich gegen das Recht auf direkte aktive Sterbehilfe aus, da diese die Gefahr birgt, dass Druck auf Alte und Schwerkranke oder ihre Angehörigen ausgeübt wird, einer Tötung zuzustimmen, insbesondere wenn die palliative Versorgung aufgrund von fehlenden Versorgungseinrichtungen oder fehlenden finanziellen Mitteln nicht gewährleistet werden kann. 
Gentechnologie, Klonen und die Forschung an und mit Embryonen werfen weitere ethische Fragen auf. Neue Erkenntnisse in Forschung und medizinischer Praxis sowie der gesellschaftliche Wandel sind dabei im Licht von Grundwerten, vor allem der Würde des Menschen, zu betrachten und müssen umfassend gesellschaftlich diskutiert werden. Dies geschieht vielfach unzureichend und zu spät. 
Moderne biochemische Techniken wie CRISPR/Cas ermöglichen eine einfache Veränderung des Erbguts von Lebewesen. Damit bieten sie zwar ein enormes Potenzial für Forschung, Biotechnologie und Medizin, eröffnen aber auch Missbrauchsmöglichkeiten wie z. B. die Optimierung menschlicher Embryonen. Dem stellt sich die ÖDP entgegen. 
Gentechnische Veränderungen von Keimbahnzellen sind vererbbar und können nicht rückgeholt werden, wenn gentechnisch so veränderte Organismen in die Umwelt freigesetzt werden. Darum lehnt die ÖDP die Freisetzung jeglicher Art von gentechnisch veränderten Lebewesen ab. 
Die ÖDP fordert daher auf EU-Ebene: 

  • Schaffung von kinder- und familienfreundlichen Strukturen in Sozialwesen, Wirtschaft und Arbeitswelt sowie die Bereitstellung von umfassenden Hilfen für Schwangere in Konfliktsituationen, damit ein Ja zum Kind ermöglicht und unterstützt wird und die Abtreibungszahlen gesenkt werden. 
  • Konsequente Umsetzung und Weiterentwicklung der EU-Strategie zugunsten von Menschen mit Behinderung, vor allem auch mit Blick auf eine umfassende Unterstützung von Eltern, die ein Kind mit voraussichtlicher Behinderung erwarten oder ein behindertes Kind haben. 
  • Programme zur EU-weiten Adoption von Kindern aus Notsituationen, z. B. solchen, die durch Vergewaltigung von Frauen in Kriegsgebieten gezeugt wurden, sowie medizinische, psychologische und materielle Unterstützung von Frauen in Notsituationen während der Schwangerschaft und nach der Geburt. 
  • Verbot der Leihmutterschaft und der damit einhergehenden körperlichen und psychischen Ausbeutung von Frauen. 
  • Keine Selektion von Embryonen etwa durch Pränatal- und Präimplantationsdiagnostik. 
  • Einen umfassenden Embryonenschutz. Verbot der Herstellung und Einfuhr menschlicher embryonaler Zelllinien. 
  • Verbot des Klonens und Genetic Enhancements  von Menschen sowie gentechnischer Eingriffe in die menschliche Keimbahn. 
  • Keine Verpflichtung zur Organspende in Mitgliedsstaaten und Verbot des Organhandels. 
  • Richtlinie zum bedarfsgerechten Ausbau der Palliativversorgung sowie entsprechender Finanzierung der Hospizstationen und -dienste. 
  • Keine Patentierung von Erbgut. Die genetische Vielfalt ist ein Gemeingut. 
  • Einschränkung der Nutzung gentechnischer Methoden unter Berücksichtigung strenger ethischer Kriterien und unter Beachtung möglicher Risiken für Mensch und Umwelt. 

15.    Bürgerrechte, Datenschutz und innere Sicherheit im digitalen Fortschritt wahren 

Als Gesellschaft und vor allem als Menschen sehen wir uns mit der fortschreitenden Digitalisierung mit ihren mannigfaltigen Kommunikations- und Datenverarbeitungsmöglichkeiten einer Vielzahl an Herausforderungen gegenüber, insbesondere bei der Wahrung unserer Bürgerrechte, des Schutzes unserer persönlichen Daten und dem Erhalt der inneren Sicherheit. Bei dieser Entwicklung setzt die ÖDP auf eine zukunftsgewandte Digitalisierung: Sie möchte die Potenziale digitaler Lösungen nutzen und fördern, aber dabei die Rechte und Interessen aller Bürgerinnen und Bürger vor den zahlreichen Übergriffen profitgieriger bzw. machthungriger Internet-Akteure schützen und solche Digitalprojekte unterstützen, die einen nachhaltig positiven Effekt auf unseren Lebensraum und das Gemeinwohl haben. Die ÖDP vertritt dabei auch die vom deutschen Ethikrat zur Digitalisierung vorgegebenen Leitlinien.18

Bürgerrechte in der EU stärken 

Die Menschen in der EU profitieren häufig von den in der Charta für Grundrechte festgeschriebenen Bürgerrechten: persönliche, bürgerliche, politische, wirtschaftliche und soziale Rechte, Schutz vor Diskriminierung und Schutz personenbezogener Daten. Letzteres verlieren wir manchmal aus den Augen, wenn wir in der Technikbegeisterung für die Digitalisierung und die mit ihr gegebenen vielfältigen Möglichkeiten mit einem schnellen Click allen Cookies und AGBs zustimmen, um „dabei sein“ zu können. Zum Nutzen der großen Big-Data-Profiteure. 
Die ÖDP tritt mit ihrem Grundsatzprogramm für den Schutz des Individuums und dessen Grundrechte, gleich ob analog oder digital, ein. Deshalb fordert sie: 

  • Eine weitere Stärkung bzw. Durchsetzung der EU-Grundrechte in allen EU-Staaten, insbesondere im digitalen Bereich durch die Einhaltung des Datenschutzes (DSGVO19) und dessen konsequente Durchsetzung.
  • Einen europaweiten Aktionsplan, der sich gegen jegliche Form von Diskriminierung und Gewalt wie Rassismus und Queerfeindlichkeit wendet und ein kooperatives Miteinander fördert. 
  • Die Vermeidung von Zwang zur Nutzung automatisierter Systeme (z. B. Online-Systeme von Behörden, bargeldlose Bezahlung) durch den Erhalt klassischer analoger Erledigungsmöglichkeiten zur Wahrnehmung ihrer bürgerlichen Rechte und Pflichten (Digitale Souveränität20). 
  • Die Sicherung der Medien- und Pressefreiheit, insbesondere des investigativen Journalismus. 
  • Ein umfassendes EU-Whistleblower-Schutzprogramm. 
  • Offenlegung und damit Überprüfbarkeit der Algorithmen, die anstelle von Menschen eine Auswahl bzw. eine Entscheidung treffen. 
  • Die Förderung von technischen Einrichtungen zur Unterstützung der individuellen Freiheiten bei Mobilität, Kommunikation, Bildung, allgemein zugängliche Open-Source-Datenbanken und Programmsysteme etc. 
  • Die Feststellung der Kompatibilität neuer Kommunikationstechniken vor deren Zulassung bzw. Einführung mit dem Datenschutz und den anderen EU-Regelungen durch demokratisch legitimierte Gremien. 
  • Neue Regelungen zum Umgang mit personenbezogenen medizinischen Daten, die aber nicht zu einer Verschlechterung der Gesundheitsversorgung führen dürfen. 
  • Schutz und Förderung von Bildungszugängen, fairen Arbeitsbedingungen und gesellschaftlicher Teilhabe.

Konsequenterer Datenschutz als drängende Aufgabe der EU

Die digitalen Kommunikationssysteme (Internet) bieten uns viele Vorteile im Alltag, sind aber auch hochgradig mit dem Risiko des Datenmissbrauchs verbunden, weshalb die EU mit der allgemeinen Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) ein strenges Regelwerk zu dessen Verhinderung erstellt hat, mit den Rechten auf Auskunft, Löschung, Widerspruch, Berichtigung, eingeschränkte Verarbeitung und Datenmitnahme sowie einem Kopplungsverbot (d. h. keine Verknüpfung von Daten aus verschiedenen Bereichen). Leider ist in den Bildungseinrichtungen die Aufklärung über die Grundlagen des Datenschutzes sowie über mögliche Gefährdungen bei der Nutzung digitaler Dienste noch sehr karg. 
Trotzdem wird der Datenschutz an vielen Stellen verletzt: zunächst durch illegale Handlungen wie z. B. die weitere nicht zulässige Auswertung registrierter Daten von Smartmetern für Strom- und Heizwärmeverbrauch, GPS-Daten aus Mobilfunkgeräten, Informationen aus dem bargeldlosen Bezahlen etc. zur Gewinnung von Aussagen über das Nutzer-Alltagsverhalten. Ein weiteres Beispiel sind der illegal mögliche Abgriff sowie die illegale Auswertung der momentan zentral gespeicherten medizinischen Daten aller Kassenpatienten. Schließlich sei das illegale Weiterverwerten von Telefonmitschnitten und die Aufzeichnung von Telefonverbindungen genannt. 
Wir geben aber auch „freiwillig“ viele persönliche Daten über uns preis: Im Internet muss man meist beim Aufrufen einer Seite den „notwendigen“ Cookies zustimmen, vor der Benutzung sozialer Medien und vieler anderer Programme wie auch mancher Videokonferenzen muss man den Geschäftsbedingungen zustimmen, die das Abgreifen persönlicher Daten erlauben. Eine Grauzone bilden neue Automodelle, die mit vielen Sensoren Daten über die Zahl der Mitreisenden, oft auch über ihr Körpergewicht, über die Fahrweise und vieles mehr ohne explizite Zustimmung speichern, versenden und zur Auswertung bereitstellen. All diese Aktivitäten tragen zu dem Milliardengeschäft Big Data bei, wo Marketing-Strategen und politische Gruppen versuchen, mit solchen Sammlungen vieler persönlicher Daten bestimmte Personengruppen zu identifizieren und diese Kenntnis für ihre Interessen einzusetzen.
Ein weiteres Problem stellen die vielen öffentlichen Überwachungskameras mit Gesichtserkennung dar, ebenso wie die digitalen Pässe mit deutlich mehr biometrischen Daten, die die Bundesregierung wie viele andere europäische Länder einführen will. Denn dort sollen, wenn man den entsprechenden Zugang hat, nicht nur die Daten eines üblichen Passes abrufbar sein, sondern u. a. der Impfstatus und andere persönliche Angaben. 
Deshalb sieht die ÖDP hier bei der Durchsetzung des Datenschutzes noch erhebliche Defizite und fordert: 

  • Die Einhaltung der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) der EU und deren konsequente Durchsetzung durch Kontrollinstanzen in allen EU-Staaten sowie eine höhere Bestrafung bei Vergehen. 
  • Nationale Gesetze dürfen nicht der Intention der europäischen Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) entgegenstehen oder dort getroffene Regelungen aufheben (z. B. pauschale Freigabe persönlicher Daten an die USA). 
  • Das uneingeschränkte Informationsrecht aller Bürgerinnen und Bürger über die Verarbeitung und Weiterleitung ihrer persönlichen Daten. 
  • Keine Aufweichung des Datenschutzes durch Freihandelsabkommen und sonstige Verträge der EU mit Drittstaaten. 
  • Keine Absenkung der hohen Datenschutzstandards für medizinische Daten aus gesundheitspolitischen Gründen, insbesondere keine Weitergabe von medizinischen Daten ohne die Zustimmung des Patienten, selbst nicht zu Forschungszwecken. 
  • Einen Zustimmungsvorbehalt für die Betroffenen, wenn von ihnen Daten, die direkt oder indirekt Informationen über ihr Alltagsverhalten beinhalten (z. B. Smartmeter für Stromverbrauch, GPS-Daten aus Mobilfunkgeräten, Informationen aus dem bargeldlosen Bezahlen), über den zulässigen Zweck der Registrierung hinaus verwendet bzw. weitergegeben werden. 
  • Die besondere Beobachtung außereuropäischer, aber im europäischen Internet agierender Digitalkonzerne mit Big-Data-Interessen (z. B. Facebook, Amazon, Google) bezüglich der Einhaltung der DSGVO und anderer EU-Regelungen. 
  • Ein Verbot anlassloser Auswertung von Videoaufzeichnungen im öffentlichen Raum mit Gesichtserkennung. 
  • Eine systematische Evaluierung von Überwachungsbefugnissen und -programmen. 

Innere Sicherheit schützen

Die Sicherheitsbehörden der Mitgliedsstaaten arbeiten zur Aufrechterhaltung der inneren Sicherheit immer enger zusammen, um grenzüberschreitender Kriminalität besser begegnen zu können. Dabei spielt der Austausch von Datenbankinformationen aus den verschiedenen EU-Staaten über digitale Kanäle eine wichtige Rolle. Auch Software-Systeme zur Vorhersage von schweren Straftaten könnten einen Beitrag zur Stabilisierung der inneren Sicherheit liefern.
Die konfliktgeladene Auseinandersetzung um den Klimaschutz und damit um die Zukunftserwartungen nachfolgender Generationen führt derzeit zunehmend zu einer Spaltung der Gesellschaft und damit zu einer Bedrohung der inneren Sicherheit durch eine Destabilisierung des gesellschaftlichen Konsenses.
Zu einer solchen Konsensfindung kann die Verfügbarkeit der digitalen Kommunikationssysteme und damit die Erreichbarkeit einer großen Anzahl von Menschen einen positiven Beitrag liefern. Allerdings kann diese Reichweite auch missbraucht werden, nämlich für Desinformation: So hat die Firma Cambridge Analytica weltweit über zweihundert Wahlen beeinflusst, u. a. die amerikanische Präsidentschaftswahl 2016 und den Brexit. Dabei geht es aber nicht nur um Wahlen, sondern auch um Beeinflussung und Kontrolle von Gruppen mit dem Ziel der Destabilisierung des Staatswesens. 
Deshalb fordert die ÖDP in der EU: 

  • Einen besseren Schutz kritischer Infrastruktur und öffentlicher Sicherheit vor Cyberattacken, Spionage und Terroranschlägen in allen EU-Staaten. 
  • Einen Schutz vor gezielter gesellschaftlicher und politischer Manipulation durch Internetdienste wie Social Media, ermöglicht durch individuell gewählte und gefilterte Informationsverteilung (Content-Zuweisung ). 
  • Einen Ausbau des Onlineverbunds der Fahndungsdatenbanken  aller EU-Staaten zur Unterstützung der nationalen Behörden sowie Europol bei der EU-weiten Verfolgung von Straftaten, aber unter Wahrung der Bürgerrechte. 
  • Einen weiteren personellen Ausbau von Europol zur wirksameren Unterstützung der nationalen Strafverfolgungsbehörden gegen internationale Terrornetzwerke und Organisierte Kriminalität wie Menschenhandel, Organraub, Erpressung. 
  • Kein Abbau von Dienstposten bei der Polizei zugunsten eines weiteren Einsatzes von Überwachungstechnologie. 
  • Die Entwicklung einer internationalen Kriminalpräventionsstrategie. 
  • Eine Ausweitung der Befugnisse des Grundrechtsbeauftragten bei Europol, insbesondere in Bezug auf das Weisungsrecht. Die parlamentarische Kontrollgruppe bei Europol muss einen höheren Stellenwert und mehr Befugnisse erhalten. 
  • Eine demokratisch legitimierte Aufsicht über die Aktivitäten der europäischen Geheimdienste. 
  • Mehr Schutz für Menschenrechtsaktivisten und Oppositionelle. 
  • Die Ablehnung von Chat-Kontrollen, sofern sie nicht im Einzelfall richterlich angeordnet sind. 
  • Keine Nutzung von Staatstrojanern und Spähsoftware (z. B. das Programm „Pegasus“) ohne richterliche Anordnung. 
  • Die Sicherstellung der allgemeinen Lebenszufriedenheit durch die problemlose Versorgung mit den Gütern des Alltags mit EU-Bestimmungen zu Lieferketten und Besitzregelungen von relevanten Infrastrukturelementen (z. B. Häfen, öffentlicher Verkehr, medizinische Versorgung). 
  • Eine verstärkte EU-weite Konsensbildung zum Klimaschutz und dessen konsequenter Umsetzung als sicherheitsfördernden Beitrag zum Erhalt der Lebensgrundlagen zukünftiger Generationen (Enkelpolitik). 
  • Die Einübung friedlicher Konfliktbewältigung in Schulen, Medien und Politik. 

16.    Außen- und Verteidigungspolitik 

Die Europäische Union (EU) versteht sich zwar als Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts, beachtet diese Grundsätze aber nicht uneingeschränkt in ihrem außenpolitischen Handeln, wenn es um die Durchsetzung eigener Interessen geht. So erlaubt der Vertrag über die Europäische Union (Vertrag von Lissabon) militärische Einsätze zur Friedenssicherung, Konfliktverhütung und Stärkung der internationalen Sicherheit in Übereinstimmung mit den Grundsätzen der Charta der Vereinten Nationen auch außerhalb der EU (Art. 42 (1) des Vertrags über die Europäische Union) . Solche Einsätze sind jedoch auch im Dienste ihrer [der EU] Interessen möglich (Art. 42 (5)), was über den Rahmen der militärischen Verteidigung hinausgeht und Angriffskriege z. B. zur Sicherung des Zugangs zu Ölquellen ermöglicht, was als verantwortungsvolle Sicherheitspolitik verbrämt wird: Die Energielieferungen werden aus einer begrenzten Anzahl von Ländern kommen, deren Stabilität […] keinesfalls gesichert ist. Uns stellen sie daher eine Vielzahl von Sicherheitsherausforderungen, die ein verantwortungsvolles und solidarisches Vorgehen aller Mitgliedsstaaten erfordern.  Beschlüsse über solche Einsätze müssen von den Staats- und Regierungschefs der Europäischen Union und vom Ministerrat einstimmig gefasst werden (Art. 42 (4)), erfolgen jedoch ohne Mitsprachemöglichkeit des Europäischen Parlaments und der Parlamente der Mitgliedsstaaten. Eine Überprüfung der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik (GASP) durch den Europäischen Gerichtshof ist nicht möglich.  
Die ÖDP fordert daher auf EU-Ebene: 

  • Weltweite Wahrung der Menschenrechte als oberstes Ziel der GASP. 
  • Ausrichtung der GASP auf den Frieden, die Vorbeugung von Konflikten, die Suche nach friedlichen Lösungen in Konfliktsituationen und humanitäre Hilfe. 
  • Kein Militäreinsatz ohne Beschluss des UN-Sicherheitsrats, ausgenommen Einsätze im Rahmen von Artikel 51 der UN-Charta (Recht auf kollektive Selbstverteidigung). 
  • Einsatz für die konsequente Einhaltung des Völkerrechts und Anwendung des Völkerstrafrechts statt Unterstützung völkerrechtlich fragwürdiger „humanitärer Interventionen“. 
  • Mehr Unabhängigkeit Europas von den USA durch eine gemeinsame Verteidigungspolitik und Abstimmung von Rüstungsprojekten innerhalb der EU. 
  • Beteiligung des EU-Parlaments an Entscheidungen zur gemeinsamen Außen- und Verteidigungspolitik der EU, insbesondere das Recht, militärische Operationen zu stoppen. 
  • Einsatz der EU für ein weltweites Verbot von Atomwaffen, wie es mittlerweile mehr als 122 Staaten in den UN fordern. 
  • Änderung des EU-Vertrags dahingehend, dass militärische Operationen der EU um Öl und Rohstoffe und zur Sicherung von Handelswegen verboten werden. 
  • Einen gemeinsamen EU-Sitz im Weltsicherheitsrat als Ausdruck der gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik. 
  • Einsatz für die Abschaffung des Vetorechts im Weltsicherheitsrat und für die Einführung von Mehrheitsentscheidungen.
  • Initiative für eine Erfassung geraubter Kulturgüter in europäischen Museen und Angebot zur Rückgabe an die jeweiligen Herkunftsländer. 

Unsere Vision: ein Europa, das unsere Lebensgrundlagen schützt! 

Die ÖDP steht für ein Europa des Friedens, der Freiheit, der Demokratie und der Menschenrechte und für ein sozial gerechtes Europa, das innerhalb der planetaren Grenzen wirtschaftet, die natürlichen Lebensgrundlagen bewahrt, das Gemeinwohl vor den Profit Einzelner stellt und Bürgerinnen und Bürger in Entscheidungsprozesse miteinbezieht. Das erfordert eine Abkehr vom Dogma des unbegrenzten wirtschaftlichen Wachstums, einen effizienten Umgang mit Ressourcen und den Übergang zu einer nachhaltigen europäischen Kreislaufwirtschaft. 
Weniger ist mehr! Die ÖDP möchte darauf hinwirken, dass alle planetaren Grenzen eingehalten werden. Das erfordert einen umfassenden Schutz von Klima, Arten, Biodiversität, Luft, Wasser und Boden. Diese Schutzziele dürfen nicht gegeneinander ausgespielt werden und nicht das eine zulasten des anderen ausgehebelt werden. Die Einhaltung planetarer Grenzen ist nur möglich, wenn zugleich das Gemeinwohl, soziale Gerechtigkeit und die Beteiligung der Menschen an den erforderlichen Transformationsprozessen in den Blick genommen werden. Sozialer Ausgleich, Verringerung von Einkommens- und Vermögensunterschieden und die Beteiligung von Bürgerinnen und Bürgern in direkt-demokratischen Prozessen sind Mittel, die wir hierzu einsetzen möchten. 
Wir sind uns bewusst, dass die reichen Länder der EU bei diesem Wandel vorangehen müssen, um eine nachhaltige, gerechte und friedliche Zukunft für alle zu schaffen. Wir sehen eine große Verantwortung gegenüber den kommenden Generationen, aber auch eine globale Verantwortung gegenüber den wirtschaftlich ärmeren Ländern des globalen Südens. 
Unsere politische Agenda zielt darauf, eine nachhaltige, gerechte und friedliche Zukunft für alle zu schaffen. Wir werden dafür kämpfen, dass unsere Vision Wirklichkeit wird. Der Schutz unserer natürlichen Lebensgrundlagen, Gemeinwohl und Mitbestimmung sind die obersten Ziele unseres politischen Handelns. Dafür bitten wir um die Stimme der Wählerinnen und Wähler bei der Europawahl 2024. Wir bitten um Ihre Stimme.