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Pressemitteilung

Unser Kampf gegen Profit-Lobbyismus

Der Profit-Lobbyismus ist ein strukturelles Problem in der Politik und daher sind unsere Maßnahmen gegen diesen zwingend erforderlich.

Was ist Profit-Lobbyismus?

Im Allgemeinen bezeichnet Lobbyismus politische Interessenvertretung, bei der Interessengruppen wie z. B. Verbände, Gewerkschaften, Nichtregierungsorganisationen oder Unternehmen versuchen, die Politik zu ihren Gunsten zu beeinflussen.
Der Begriff „Profit-Lobbyismus“ umfasst den Bereich von Lobbyismus, bei dem Konzerne und Unternehmensverbände die Politik mit dem Ziel beeinflussen wollen, ihren Profit zu steigern. Dabei nutzen sie oftmals materielle Einflussmöglichkeiten wie beispielsweise Spenden, das Angebot von hochdotierten Stellen an Politiker für die Zeit nach ihrem politischen Ausscheiden oder auch das Angebot von Nebentätigkeiten und Nebeneinkünften für Abgeordnete. Mit dieser materiellen Einflussnahme setzen sich Konzerne zumeist gegen andere Interessengruppen durch.

Was ist das Problem am Profit-Lobbyismus?

Lobbyismus ist grundsätzlich nichts Schlechtes. Im Gegenteil, es ist ein wichtiges und legitimes Element der Demokratie. Beim Profit-Lobbyismus ergeben sich jedoch folgende Probleme:

  • Das Ziel des Profit-Lobbyismus ist es, dass die Politik so entscheidet, dass der Profit der agierenden Konzerne und Groß-Unternehmen steigt. Dieses Interesse dient nicht dem Gemeinwohl und nützt nur den Eigentümern der agierenden Unternehmen.
  • Aufgrund der materiellen Einflussnahme auf die Politik entscheiden Politiker nicht auf Grundlage von sachlichen Argumenten und objektiver Expertise, sondern auf Grundlage der finanziellen Vorteile, die sie selbst oder ihre eigene Partei erhalten. Dieses Vorgehen grenzt an Korruption.

Durch Profit-Lobbyismus entstehen also korruptionsähnliche, jedoch bisher völlig legale Zustände in der Politik. Es werden politische Entscheidungen zugunsten einiger weniger getroffen, die nicht dem Allgemeinwohl dienen oder dem Allgemeinwohl sogar entgegenstehen.

Welche Maßnahmen fordert die ÖDP im Kampf gegen Profit-Lobbyismus?

Um Profit-Lobbyismus wirksam zu bekämpfen, muss zum einen eine umfassende Transparenz hergestellt werden. Zum anderen sind materielle Einflussmöglichkeiten auf die Politik auf ein Minimum zu reduzieren.

  • Wir sind für die Einführung von bzw. Verschärfung der Lobbyregister auf Landes-, Bundes- und EU-Ebene. Damit soll sichtbar werden, wer mit welchem Politiker worüber geredet hat, wer auf welche politischen Entscheidungen und Gesetze Einfluss genommen hat, wie erfolgreich diese Einflussnahme war und Ähnliches.
  • Alle Treffen und Gespräche zwischen Lobbyisten und Politiker sollen protokolliert werden.
  • Wir wollen, dass Nebentätigkeiten und Nebeneinkünfte von Abgeordneten auf allen politischen Ebenen verboten werden.
  • Der Wechsel von Wirtschaft in Politik und von Politik in Wirtschaft soll eingeschränkt werden. Wir fordern, dass ein Wechsel erst nach Ablauf einer angemessenen Abkühlungszeit möglich ist und damit ein direkter Wechsel unterbunden wird.
  • Spenden an einzelne Abgeordnete sollen auf allen politischen Ebenen verboten werden.
  • Spenden an Parteien von Konzernen, Unternehmen, Verbänden und sonstigen Organisationen sollen verboten werden. Spenden an Parteien von Einzelpersonen sollen auf 50.000 Euro pro Jahr begrenzt werden.

Mit diesen Maßnahmen wird der politische Betrieb transparenter und nachvollziehbarer.
Außerdem wird die Unabhängigkeit von Politikern und Parteien zu Lobbyisten und Interessengruppen erhöht. Schließlich werden Interessenkonflikte deutlich vermindert.

Warum sind diese Maßnahmen so wichtig?

Profit-Lobbyismus kann als Mutter vieler politischer Probleme bezeichnet werden. Hier ein paar Beispiele:

  • Solange Energiekonzerne fossile Energieträger über ihren Einfluss auf die Politik wirksam verteidigen, ist eine konsequente Energie-Wende nicht möglich.
  • Solange Rüstungslobbyisten durch ihren Einfluss auf die Politik Genehmigungen für Waffenlieferungen erwirken, werden Konflikte und Kriege weltweit weiter angefacht.
  • Solange die groß-industrielle Landwirtschaft intensiven Anbau mit extremer Düngung, Unkrautvernichtern und Insektiziden sowie Massentierhaltung wirksam verteidigt, ist konsequenter Tier- und Umweltschutz nicht möglich.
  • Solange Superreiche eine wirksame Umverteilung verhindern, sind Armutsbekämpfung und soziale Gerechtigkeit nicht umsetzbar.
  • Solange Wohnungskonzerne konsequenten Mieterschutz verhindern, ist die Bekämpfung der explodierenden Mieten nicht möglich.
  • Solange die Finanzlobby ihre spekulativen Geschäfte über ihren Einfluss auf die Politik verteidigt, ist eine ausreichende Regulierung des Finanzwesens nicht erreichbar.
  • Solange Krankenhauskonzerne die Privatisierung des Gesundheitswesens immer weiter vorantreiben und den Bereich der Gesundheit damit zu Profiterzielung zwingen, ist ein stabiles und menschenfreundliches Gesundheitssystem nicht möglich.

Diese Beispiele zeigen, dass zunächst das Problem des Profit-Lobbyismus gelöst werden muss, bevor andere politische Probleme angegangen werden können.

Wie ist die Situation in Sachsen (Stand: April 2024)?

In Sachsen gibt es mit Stand vom April 2024 kein Lobbyregister. Ministerpräsident Michael Kretschmer hat außerdem die Einführung eines Lobbyregisters abgelehnt.
Weiterhin gibt es keine Verpflichtung, dass Treffen und Gespräche zwischen Politikern und Lobbyisten protokolliert oder in sonstiger Weise transparent gemacht werden müssen.
Nebentätigkeiten und Nebeneinkünfte von Abgeordneten des Sächsischen Landtags sind uneingeschränkt möglich. Die Abgeordneten müssen diese lediglich anzeigen.
In Sachsen gibt es außerdem keine Einschränkung für den Wechsel von Wirtschaft in Politik und von Politik in Wirtschaft. Abkühlungszeiten oder die Möglichkeit, den Wechsel zu untersagen, gibt es nicht.
Spenden an einzelne Abgeordnete des Sächsischen Landtages sind in unbegrenzter Höhe erlaubt. Auch hier müssen die Abgeordneten diese lediglich anzeigen.

Beispiele von Profit-Lobbyismus

  • Im Rahmen der sogenannten „Maskenaffäre“ haben Politiker der CDU und der CSU während der Corona-Pandemie Verträge über Atemschutzmasken zwischen Behörden und entsprechenden Unternehmen vermittelt. Für diese Vermittlung erhielten die Politiker Provisionen von den entsprechenden Unternehmen.

    Besonders Georg Nüßlein und Alfred Sauter (beide CSU) stechen hervor: Nüßlein hat 660.000 Euro und Sauter ca. 1,25 Mio. Euro dafür erhalten, dass sie ihre Abgeordnetenstellung zur Vermittlung von Verträgen einsetzten. Für diesen korruptionsähnlichen Vorfall wurden die beiden angeklagt, aufgrund der zu laxen gesetzlichen Regelungen jedoch freigesprochen.
     
  • 2018 schrieb Philipp Amthor (CDU) einen Brief an den damaligen Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier, in dem er sehr wohlwollend und positiv über das US-amerikanische Unternehmen „Augustus Intelligence“ sprach. Amthor hat im Weiteren einen Termin zwischen Augustus Intelligence und einem hochrangigen Vertreter des Bundeswirtschaftsministeriums erwirken können. Einige Monate später hat Amthor einen Aufsichtsratsposten und Aktienoptionen im Wert von 250.000 Euro von Augustus Intelligence erhalten.
     
  • Sigmar Gabriel (SPD) war bis 2018 Mitglied der Bundesregierung. 2020 wurde er Mitglied der Aufsichtsräte der Deutschen Bank und von Siemens Energy. 2022 wurde er zudem Aufsichtsratsvorsitzender des Stahlkonzerns Thyssenkrupp Steel Europe. In den letzten Jahren stand Gabriel immer wieder in Kontakt mit Mitgliedern der jeweils amtierenden Bundesregierung, um für die entsprechenden Konzerne zu lobbyieren.
     
  • Johannes Kahrs (SPD), bis 2020 Bundestagsabgeordneter, setzte sich immer wieder bei verschiedenen Stellen in der Politik, u. a. auch bei Olaf Scholz, für die Warburg-Bank ein. Die Warburg-Bank ist vor allem durch die Cum-Ex-Transaktionen bekannt, durch die die Bank wahrscheinlich unrechtmäßig Steuern vom Staat erstattet bekam. Eine entsprechende Rückforderung versuchte die Warburg-Bank mit der Einflussnahme auf die Politik zu verhindern.

    2020 erhielt der SPD-Kreisverband von Johannes Kahrs eine Spende der Warburg-Bank in Höhe von etwa 38.000 Euro.
    Weiterhin gehört Kahrs dem Präsidium des Förderkreises Deutsches Heer und dem Präsidium der Deutschen Gesellschaft für Wehrtechnik an. Beides sind Lobbyorganisationen der Rüstungsindustrie.

    Nach dem Ausscheiden aus der Politik gründete Kahrs eine Beratungsfirma, mit der er Lobbyismus betreibt.
     
  • Dirk Niebel (FDP) war von 2009 bis 2013 Bundesminister für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung. Seit 2015 ist er beim Rüstungskonzern Rheinmetall als Berater tätig.
     
  • 2009 spendete August von Finck jr. im Vorfeld zur Bundestagswahl über eine Million Euro an die FDP. Diese setzte nach Regierungsantritt die Reduktion der Mehrwertsteuer für Übernachtungen durch. Davon profitierte auch die Restaurant- und Hotelgruppe Mövenpick, deren damaliger Hauptaktionär von Finck jr. war.
     
  • Ursula von der Leyen (CDU), seit 2019 EU-Kommissionspräsidentin, hat im Rahmen der Corona-Pandemie Impfstoff-Verträge mit dem Pharmakonzern Pfizer über SMS ausgehandelt. Die SMS sind seit jeher unter Verschluss.
    Die EU kaufte dadurch viel zu viele Impfdosen zu einem völlig überteuerten Preis. Konkret handelt es sich um ein Volumen von 35 Milliarden Euro.
    Durch diese Verträge verschaffte von der Leyen dem Konzern Pfizer eine Monopolstellung, in Bezug auf EU-Recht ein mindestens fragwürdiges Vorgehen.
     
  • 2017 hat der damalige Bundeslandwirtschaftsminister Christian Schmidt (CSU) auf EU-Ebene für die 5-jährige Verlängerung der Zulassung des mutmaßlich gesundheitsschädlichen Unkrautvernichters Glyphosat gestimmt. Nach seinem Ausscheiden aus der Bundesregierung wechselte Schmidt 2019 in den Aufsichtsrat der Deutsche Bahn AG, einem Großabnehmer von Glyphosat.

Diese Beispiele zeigen, dass Profit-Lobbyismus ein strukturelles Problem in der Politik ist und daher unsere Maßnahmen gegen diesen zwingend erforderlich sind.

14.04.2024
V.i.S.d.P. Jonas Bialon

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